Minister Birkner gibt Startschuss für Bau von neuer Schutzmauer
Küstenschutz auf Baltrum: 4,4 Millionen werden in diesem Jahr verbaut/ Presseinformation vom 23. Mai 2012
Die Verstärkung der Küstenschutzanlagen am Nordstrand von Baltrum ist einen großen Schritt vorangekommen – davon überzeugte sich Umweltminister Stefan Birkner am Mittwoch persönlich. Dabei präsentierte er das erste Element der neuen Hochwasserschutzwand. Seit Februar arbeitet der NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) bereits an der Verbesserung der Sturmflutsicherheit am Nordstrand der Insel Baltrum. Dafür hat das Umweltministerium etwa 4,4 Millionen Euro bereitgestellt.
Minister Birkner machte deutlich, dass die Mittel für den Inselschutz gut angelegtes Geld sind: „Die Sturmfluten der Jahre 2006 und 2007 haben an der alten Bauwerkssubstanz des Westkopfes deutliche Spuren hinterlassen – hier musste rasch gehandelt werden, um ein Überfluten des Westdorfes zu verhindern“.
Projektleiter Theo van Hoorn vom NLWKN erläuterte am Mittwoch das aktuelle Projekt. In diesem Jahr geht es um einen 300 Meter langen Teilabschnitt. Die bisherige, deutlich zu niedrige Strandmauer wurde inzwischen abgebrochen, für den Aufbau der neuen Hochwasserschutzwand gab Umweltminister Birkner am Mittwoch den Startschuss. Im weiteren Verlauf des Projektes werden kleine Mauerelemente gebaut, die die Fachleute als Schwallwände bezeichnen. Sie sind zwischen 50 und 75 Zentimeter hoch und sollen die Wellen abbremsen und so den Wellenauflauf reduzieren. Zwischen den Elementen gibt es 75 cm breite Lücken, damit das Wasser wieder ablaufen kann. Im Sommer können einzelne der verklinkerten Schwallmauern als Sitzgelegenheiten genutzt werden.
Ein Rauhdeckwerk aus Granitquadersteinen, ein knapp vier Meter breiter Streifen aus gelblichen Betonpflastersteinen und die neue Hochwasserschutzwand bilden den oberen Abschluss der Anlage. Hinter der Hochwasserschutzwand verläuft ein Deichverteidigungsweg, der auch von Fußgängern genutzt werden kann und den Blick auf die Nordsee ermöglicht.
„Die massive Konstruktion wird erforderlich, weil nur 25 Meter Platz zur Verfügung steht, sagte van Hoorn mit Blick auf den benachbarten Abschnitt von der Kuckucksdüne in Richtung Strandzugang Küper: Hier entstand ein grüner Deich, weil 60 Meter Platz vorhanden war. Für 2013 ist die Ausführung des Abschnitts bis in Höhe des Strandhotels Wietjes geplant; die Planungen dafür laufen zurzeit auf Hochtouren.
Birkner informierte sich auch über den Dünenschutz. Die Schutzdünen auf den Inseln bilden ein sehr wichtiges Element des Küstenschutzes. Mit einer Gesamtlänge von ca. 97 km, davon auf Baltrum 6,3 km, gewährleisten sie die Sturmflutsicherheit und dienen der Bestandserhaltung der Inseln. „Für diese Maßnahmen sind auf Baltrum in diesem Jahr 70.000 Euro eingeplant. Die Gesamtsumme für Schutzdünenmaßnahmen auf allen Inseln beträgt 810.000 Euro“, sagte Birkner. „Bei Sturmfluten zerstörte Randdünen können durch gezielte Sandfangmaßnahmen wieder aufgebaut werden“, ergänzt van Hoorn.
Der Minister besuchte schließlich noch den so genannten Gezeitenlehrpfad. In einem gemeinsamen Projekt der Gemeinde Baltrum, des Nationalparkhauses und des NLWKN wurde er schon 2006 als Teil der Informationsarbeit auf Baltrum realisiert. „Der Lehrpfad bietet mit sieben Kilometern Länge einen herrlichen Spaziergang über die Insel“, betonte Martin SchulzeDieckhoff vom NLWKN. Er beginnt mit den Wattflächen am Hafen und führt als Rundweg mit 18 Stationen durch die inseltypischen Biotope. „Auch Themen des Küstenschutzes werden an vielen Stellen des Lehrpfades angesprochen und tragen dazu bei, die Ziele des Küstenschutzes in das Bewusstsein der Gäste zu bringen“.
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Küstenschutzmaßnahmen auf der Insel Baltrum: Hintergrund-Informationen
Die Insel Baltrum ist mit einer Gesamtfläche von etwa sieben Quadratkilometern die kleinste der Ostfriesischen Inseln. Siedlungsbereiche befinden sich in der westlichen Inselhälfte mit dem West- und Ostdorf. Daneben sind einige Einzelnutzungen und Infrastruktureinrichtungen außerhalb der Siedlungsbereiche vorhanden.
Die insgesamt 6,3 km langen, überwiegend auf der West und Nordseite der Insel liegenden Schutzdünen dienen dort dem Sturmflutschutz und die Bestandsicherung der Insel.
Auf Grund dauerhafter Unterversorgung des nordwestlichen Teils der Insel wird dieser zum Schutz vor Erosion durch ein knapp zwei Kilometer langes System aus Deckwerken, Längswerke und 14 Buhnen gesichert. Dieser Bereich ist in Sturmfluten zum Teil sehr hoher Seegangsbelastung ausgesetzt. Es können Wellenhöhen von bis zu sechs Metern erreicht werden.
Die Schutzanlagen im Westen der Insel dienen auch als Promenade und sind deshalb neben dem Küstenschutz auch für den Tourismus auf der Insel von großer Bedeutung.
An der Wattseite werden die beiden Ortsteile Baltrums durch Hauptdeiche mit einer Gesamtlänge von 1,5 km und kleinere Dünenabschnitte vor Sturmfluten gesichert.
Der im Jahr 2010 aufgestellte „Generalplan Küstenschutz Niedersachsen – Ostfriesische Inseln“ definiert nachstehende erforderliche Baumaßnahmen für Baltrum; die voraussichtlichen Baukosten werden auf rund 40 Millionen Euro geschätzt.
- Erhöhung, Verstärkung und Ausbau des „Ostdorfdeiches“ von Deich km 0,7 bis 1,5
- Erhöhung und Verstärkung des Deckwerks am Nordstrand bis Höhe Strandzugang Kinderspielhaus
- Grundinstandsetzung von Buhnen
- Grundinstandsetzung des historischen Pfahlschutzwerkes auf Teilstrecken
- Erhöhung und Verstärkung der Schutzdüne „Grassteedeich“
- Wiederaufbau, Verstärkung und Sicherung der Schutzdünen durch Sandfang und Dünenfestlegungsmaßnahmen
Prioritär sind die Beseitigung von erheblichen Fehlhöhen sowie strukturellen Defiziten in der Bausubstanz des Deckwerkes am Westkopf und am Nordstrand, weil die Sturmfluten der Jahre 2006 und 2007 erhebliche Schäden an der alten Bauwerkssubstanz des Westkopfes der Insel Baltrum verursachten.
Erhöhung und Verstärkung des Deckwerkes am Nordstrand 2011/12:
An der Nordseite der Insel gibt es ein Uferschutzwerk, das aus einem schrägen Uferdeckwerk, einer Promenade und einer anschließenden Strandmauer besteht. Dieser Bereich ist in Sturmfluten sehr stark durch Wellen belastet. Im Auftrag des NLWKN wurden durch die Technische Universität Braunschweig am Leichtweiß-Institut für Wasserbau (LWI) Untersuchungen durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Mauer den erheblichen Belastungen durch Wellen in Sturmfluten standhält und welche Wassermengen überlaufen. Mit Hilfe von Modellversuchen wurden im Wellenkanal des LWI im Maßstab 1:10 die Belastungen der bestehenden Küstenschutzanlage und hierauf basierend mögliche Ausbauvarianten untersucht. Die Untersuchungen haben ergeben, dass bei einer sehr schweren Sturmflut ein erheblicher Wellenüberlauf an der vorhandenen Strandmauer in einer Größenordnung von mehr als 100 Litern pro Sekunde und Meter auftreten kann. Zudem ist die Standsicherheit der Strandmauer durch die welleninduzierten Druckbelastungen nicht gegeben. Das Westdorf von Baltrum könnte überflutet werden.
Deshalb muss die Anlage so erhöht und verstärkt werden, dass sie den ermittelten Belastungen standhält und der Wellenüberlauf erheblich vermindert wird. Hierzu eignen sich besonders Bauweisen mit einer flach geneigten Böschung, da die starken Belastungen durch Wellen auf dieser flächig verteilt werden und so zu geringeren Beanspruchungen führen als im Fall einer steilen Konstruktion.
Eine Erhöhung und Verstärkung der Anlage ist nur inselseitig möglich. Zwischen der vorhandenen Anlage und angrenzenden Grundstücken mit Bebauung stehen im westlichen Bereich ca. 65 m und im östlichen Bereich nur ca. 24 m zur Verfügung. Deshalb sind unterschiedliche Bauweisen erforderlich, um den Sturmflutschutz sicher zu stellen.
Im westlichen Teilabschnitt ist ausreichend Platz vorhanden, so dass hier eine flach geneigte Böschung mit einem Sandkern und einer begrünten Kleiabdeckung umgesetzt werden. Die Krone liegt auf einer Höhe von NN + 10,2 m und ist damit mehr als 2 m höher als die bisherige Konstruktion. Diese Maßnahme wurde in wesentlichen Teilen im Jahr 2011 umgesetzt.
Im östlichen Teilabschnitt steht nicht genügend Raum zur Verfügung, um eine flach geneigte begrünte Böschung realisieren zu können. Deshalb ist hier eine massive, steilere Konstruktion erforderlich.
Artikel-Informationen
erstellt am:
23.05.2012
zuletzt aktualisiert am:
24.05.2012