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Ausblick 2021: Wehrrückbau macht Weg an der Vechte frei

Grenzüberschreitende Bemühungen um eine Verbesserung des ökologischen Zustands


Von Josef Schwanken

In der letzten Maiwoche 2021 nahmen im Stadtzentrum von Schüttorf schwere Baumaschinen ihre Arbeit auf. Damit finden intensive Planungen und ein aufwendiges Genehmigungsverfahren jetzt den Weg in die Umsetzung. Durch den Rückbau des 1978 erbauten Wehrs in Schüttorf wird die Durchgängigkeit der Vechte für Gewässerlebewesen deutlich verbessert. Dazu beitragen sollen auch Arbeiten an Struktur und Ufer des Flusses. Weitere Schritte zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Vechte werden in diesem Jahr bei Nordhorn unternommen.

Den Anstoß für das Großprojekt in der Grafschaft Bentheim gab das Ergebnis einer 2016 durchgeführten Bauwerksprüfung. Dabei wurden erhebliche Mängel an dem fast fünfzig Jahre alten wasserwirtschaftlichen Bauwerk festgestellt. Seitdem ist in Schüttorf nur noch eine von zwei Wehrklappen in Betrieb.

Durch den nun begonnenen Rückbau möchte die für den Gewässerabschnitt zuständige NLWKN-Betriebsstelle Meppen nicht nur die Durchgängigkeit für die Gewässerlebewesen im Abschnitt der Wehranlage herstellen. In einem zweiten Schritt sollen auch die Strukturen von Fluss und Ufer selbst durch verschiedene Maßnahmen ökologisch aufgewertet werden. Hierzu wird zum Beispiel Totholz in das Gewässer eingebaut, Kiesbänke werden angelegt und Gehölze gepflanzt. Zwischen den beiden Vechtearmen in Schüttorf soll eine neue Verbindung in Form einer sogenannten Flutrinne für mehr Diversität sorgen. Begrenzt werden auch eigendynamische Entwicklungsprozesse initiiert und toleriert. Ziel der Arbeiten ist es, der Vechte im urbanen Raum zu einem deutlich naturnaheren Zustand zu verhelfen. Darüber hinaus wird der Gewässerabschnitt durch die Eingriffe auch in seinem Naherholungswert für Bürger und Besucher der Stadt aufgewertet.

Kernziel des Vorhabens ist die Verbesserung der Durchgängigkeit für die gewässergebundene Fauna. Mit 30 Riegeln bestehend aus großformatigen Blocksteinen soll die hier bestehende Wasserspiegeldifferenz von über zwei Metern treppenartig abgebaut werden. Die Riegel werden dabei mit Öffnungen versehen, die den Fischen - aber auch den Kanufahrern - auch bei Niedrigwasser eine Passage ermöglichen. Die bestehende Wehranlage wird dagegen größtenteils zurückgebaut und in das neue Bauwerk integriert. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie auch dem Fischotter, der immer häufiger an der Vechte gesichtet wird, eine Passage erleichtern kann.

Vorausgegangen ist den Arbeiten eine intensive Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren wie Stadt, Landkreis, betroffenen Flächeneigentümern, Naturschutzverbänden und dem NLWKN. Ein transparenter Prozess war den Planern dabei besonders wichtig. Durch den sogenannten Riegelfischpass wird zukünftig im Oberwasser ein Wasserstand gehalten, der einen Kompromiss zwischen Wasserrückhalt, Hochwasserschutz und Passierbarkeit ermöglicht. Diese intensive Abstimmung im Vorfeld hat wesentlich zum Erfolg des vom Geschäftsbereich Wasserwirtschaftliche Zulassungsverfahren des NLWKN Oldenburg durchgeführten Planfeststellungsverfahrens beigetragen.

Die Anstrengungen in Schüttorf stehen im Kontext grenzüberschreitender Bemühungen um die Vechte: Von Meppen aus wird intensiv mit den niederländischen und nordrhein-westfälischen Partnern unter anderem am Thema Durchgängigkeit gearbeitet. Ziel ist es, den Fischen die Wanderungen zwischen der Nordsee und ihren Reproduktionsräumen in den Oberläufen in Nordrhein-Westfalen wieder zu ermöglichen. Diese Wanderungen werden derzeit durch insgesamt acht bewegliche Wehranlagen erheblich erschwert. Das aktuelle Vorhaben am Vechte-Wehr steht im Zusammenhang mit einem für Vechte und Dinkel durch die Gebietskooperation aufgestellten Maßnahmenkonzept.

Gefördert wird das Projekt mit Mitteln aus der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Fließgewässerentwicklung“ (FGE-Richtlinie) in Höhe von rund 2,6 Millionen Euro. In den kommenden Jahren sollen auch an anderen Anlagen am Fluss Verbesserungen umgesetzt werden.

In Nordhorn rückt die Entwicklung der Vechte-Auen in den Blick

Aktuell laufen in Meppen neben den Planungen zur Verbesserung der Durchgängigkeit eine Reihe von weiteren Planungen zum Thema Fließgewässer- und Auenentwicklung. Eine dieser Maßnahmen wird ebenfalls noch in 2021 nahe Nordhorn in die Umsetzung gehen. Auf einem landeseigenen Grundstück bei Frenswegen an der Vechte rückt dabei auch die Interaktion des Flusses mit seiner Aue in den Blick. Hierbei werden Auengewässer mit Tief- und Flachwasserzonen mit und ohne Anbindung an die Vechte angelegt und mit der Anlage von Sukzessionsflächen sowie Gehölzanpflanzungen kombiniert. Durch den umfassenden Gewässerausbau der vergangenen Jahrzehnte war diese wichtige Verbindung zwischenzeitlich unterbrochen worden.

Ergänzende strukturverbessernde Maßnahmen, die durch Mitarbeiter des NLWKN-Betriebshofs Georgsdorf durchgeführt werden, sollen eine positive Auenentwicklung begünstigen. Hierbei werden neue Lebensräume für Stillwasserarten und strömungsindifferente Arten sowie Unterwasserpflanzen entstehen. Amphibische Arten profitieren von zusätzlichen Habitatangeboten. Die neu geschaffenen Auengewässer sollen einer natürlichen Entwicklung überlassen werden.

Die Bauausführung für das Projekt hat der Geschäftsbereich Planung und Bau des NLWKN in Meppen übernommen. Mit den neuesten Instrumenten der 3D-Landschaftsplanung wurden die Details durch die NLWKN-Bauzeichnerinnen geplant und fotorealistisch aufgearbeitet. Der Baubeginn ist in Frenswegen für August vorgesehen.

Mit den Mitteln der 3D-Landschaftsplanung wird die Auen- und Gewässerentwicklung bei Frenswegen schon jetzt sichtbar.   Bildrechte: NLWKN
Mit den Mitteln der 3D-Landschaftsplanung wird die Auen- und Gewässerentwicklung bei Frenswegen schon jetzt sichtbar.
nicht barrierefreie Visualisierung   Bildrechte: NLWKN
Das Vorhaben an der Vechte - hier aus der Luft - findet in unmittelbarer Grenznähe statt. Das Thema Durchgängigkeit macht schließlich nicht an Landesgrenzen halt.
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