NLWKN Niedersachsen klar Logo

Küstenschutz in naturschutzfachlich besonders sensiblen Bereichen

Sicherstellung des Sturmflutschutzes im Westteil von Juist


Neugeschaffenes Dünental mit wechselfeuchten Bereichen   Bildrechte: NLWKN
Das neugeschaffene Dünental mit wechselfeuchten Bereichen (Bild NLWKN).

Von Martin Schulze-Dieckhoff, Frank Thorenz, Theo van Hoorn

Mit einer Länge von 17 Kilometern ist Juist die längste und auch die schmalste der Ostfriesischen Inseln. An der Seeseite gewährleistet zur offenen Nordsee hin eine durchgehende Schutzdünenkette den Sturmflutschutz und die Bestandssicherung. Bis auf eine in der Inselmitte gelegene versandete Schutzmauer sind ausschließlich Dünen als naturnahe Küstenschutzelemente vorhanden. Große Teile der Insel sind Teil des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer sowie des Schutzgebietssystems Natura 2000 und weisen eine besonders hohe naturschutzfachliche Wertigkeit auf.

Der Westteil der Insel stellt den Küstenschutz vor große Herausforderungen. Dieser Bereich unterliegt einer längerfristigen Erosion der Strände und Dünen, die durch die großräumigen morphologischen Veränderungen zwischen Borkum und Juist verursacht wird. Auf Grund der schmalen Strände treten bei Sturmfluten zum Teil erhebliche Dünenabbrüche an den Schutzdünen auf.

Das Tiefdruckgebiet Sabrina brachte zwischen dem 10. und dem 13. Februar 2020 eine Kette aufeinander folgender Sturmfluten mit sich. Es traten im Westen von Juist Dünenabbrüche von bis zu 20 Metern an der bereits schmalen Randdüne westlich des Billpolders auf. Die Düne erodierte fast vollständig. Um die Sturmflutsicherheit der Schutzdüne rechtzeitig zum Winterhalbjahr 2020/21 wiederherzustellen, begann der NLWKN frühzeitig - unter Einbeziehung der Strand- und Dünenentwicklung sowie der Gefährdungslage der Dünen - mit den Planungen. Für die naturschutzfachliche Bewertung des Maßnahmenbereichs wurden parallel pflanzen- und vogelkundliche Daten ausgewertet und durch aktuelle Kartierungen ergänzt. Um die küsten- und naturschutzfachlich optimalste Lösung zu finden, erfolgten zahlreiche Abstimmungen mit der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer zu diversen Planungsvarianten.

Als langfristig nachhaltigste Lösung sowohl für den Küsten- als auch für den Naturschutz wurde eine selektive Verstärkung der Schutzdünen im rückwärtigen Bereich der Dünen entwickelt. Durch Schließung vorhandener Lücken kann der Billpolder auf diese Weise längerfristig, auch bei fortschreitender Erosionstendenz im Westen der Insel, vor Überflutungen geschützt werden. Die Dünen mit einer Mindestbreite von 20 Metern auf einem Höhenniveau von Normalhöhennull (NHN) + 6,5 Meter wurden landschaftsgerecht mit höher aufragenden Kuppen und unterschiedlichen Böschungsneigungen modelliert. Zum Schutz der neugeschaffenen Düne gegen Abtragung durch Windeinwirkung erfolgte eine Bepflanzung mit auf der Insel gewonnenem standorttypischem Strandhafer. Im Weiteren wird die neue Düne der natürlichen Entwicklung überlassen.

Durch diese sehr detaillierte, an die örtlichen Verhältnisse angepasste Gestaltung gelang es in enger Abstimmung zwischen Küsteningenieuren und Landschaftsplanern naturschutzfachlich sensible Bereiche wie besonders geschützte Biotope und FFH-Lebensräume soweit wie möglich zu schonen und die Beeinträchtigung zu minimieren. Zudem wurden aus dem Bereich der Bautrasse Krähenbeerenheiden umgepflanzt, um so diese wertvollen Vegetationsbestände zu erhalten. Die Durchführung der Arbeiten in diesem sensiblen Naturraum erforderte eine besonders intensive Umweltbaubegleitung, die in enger Abstimmung mit der Bauüberwachung durch den NLWKN umgesetzt wurde.

Auch mit der Entnahme des benötigten Sandes konnte eine Win-Win Situation für Küsten- und Naturschutz erreicht werden: In einem unmittelbar westlich angrenzenden Dünenareal bot sich die Chance, durch die Sandentnahme auch einen von Menschen angelegten Sanddamm zu entfernen. Es entstand ein Dünental mit Offenboden und Entwicklungsmöglichkeiten für Pioniervegetation der nassen Küstendünentäler, die als Biotoptyp „Feuchtes Dünentäler“ derzeit zu den FFH-Lebensraumtypen mit höchster Priorität und vorrangigem Handlungsbedarf zählen. Diese Dünentäler bilden den Lebensraum für vom Aussterben bedrohte und zahlreiche stark gefährdete Pflanzenarten.

Luftbild des Maßnahmenbereiches   Bildrechte: NLWKN
Der Maßnahmenbereich aus der Luft (Bild NLWKN).

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.06.2021
zuletzt aktualisiert am:
29.06.2021

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln