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Neubewilligungsverfahren für die Odertalsperre

Der Herausforderung Klimawandel vorausschauend begegnen - mit aktuellen Bespielen aus Küsten- und Hochwasserschutz


Der über 50 Meter hohe Damm der Odertalsperre: rechts die Hochwasserentlastungsanlage, links das Wasserkraftwerk. Der Stausee im Vordergrund gehört zum Unterwasserbecken der Odertalsperre.   Bildrechte: Arndt Schulz, NLWKN
Der über 50 Meter hohe Damm der Odertalsperre: rechts die Hochwasserentlastungsanlage, links das Wasserkraftwerk. Der Stausee im Vordergrund gehört zum Unterwasserbecken der Odertalsperre.

Von Arndt Schulz

Die Odertalsperre bei Bad Lauterberg im Südharz verfügt über ein Stauvolumen von rund 30 Millionen Kubikmeter. Im Zusammenwirken mit dem Unterwasserbecken sowie den Beileitungen aus den Gewässern Sperrlutter und Breitenbeek dient die Talsperre als Multifunktionsspeicher dem Hochwasserschutz, der Niedrigwasseraufhöhung sowie der regenerativen Energiegewinnung aus Wasserkraft. Diese Systemdienstleistungen liegen allesamt im öffentlichen Interesse, erfordern jedoch zum Teil unterschiedliche Anforderungen an die Speicherbewirtschaftung. Jetzt wurde die Odertalsperre neu bewilligt.

Um klimawandelbedingte Anpassungserfordernisse im Hinblick auf das Wassermengenmanagement frühzeitig berücksichtigen zu können, wurde die Bewilligung für 25 Jahre erteilt und damit dem Antrag, eine Bewilligung für 30 Jahre zu erwirken, nicht entsprochen. Somit wird der Klimawandel als Rechtfertigung von Maßnahmen der Daseinsvorsorge durch den Landesbetrieb gewichtet.

Die Wasserkraftnutzung der Odertalsperre bildet zudem die wirtschaftliche Grundlage für den Betreiber der Talsperre, die Harzwasserwerke GmbH. So wurden für die erst vor wenigen Jahren abgeschlossene Generalüberholung der Anlage mehr als 23 Millionen Euro investiert.

Die Odertalsperre kann als klimasensitive Anlage selbst von den Auswirkungen des Klimawandels durch die Änderung klimatischer Größen betroffen sein. Sie bietet aber zugleich die Möglichkeit, Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt und auf die Wasserwirtschaft zu kompensieren. Voraussetzung ist eine intelligente Speicherbewirtschaftung auf Basis diverser Kriterien und Bedingungen. Die konkreten Anpassungsoptionen an den Klimawandel hängen insbesondere von der Bewertung der Systemdienstleistungen und ihrer Priorisierung ab.

Mit der im Dezember 2020 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung wurde den Anforderungen unter Berücksichtigung aktueller Klimawandelprojektionen - wie etwa aus dem KliBiW-Projekt - und einem von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) entwickelten und für diesen Anwendungsfall präzisierten Klimawandel-Check Rechnung getragen.

Viel mehr noch: Es galt auch, die für die Speicherbewirtschaftung herangezogenen Gewässer vor dem Hintergrund ökologischer Fragestellungen zu bewerten und hierbei ein sich veränderndes Wasserdargebot, gegebenenfalls auch in der zeitlichen Verteilung, zu integrieren.

Die Bewirtschaftung der Odertalsperre wirkt auf fünf Oberflächenwasserkörper gemäß EG-WasserRahmenRichtLinie (EG-WRRL), teilweise mit Nebengewässern, sowie auf zwei Natura 2000-Gebiete. Die Aspekte Fließgewässer – und Stauseeökologie, Erhaltungszustände eines einheimischen Fischbestands oder einer Weichholzaue sowie die speziellen Bedingungen eines Karstgebietes mit der Versickerungsstrecke der Oder im Pöhlder Becken wurden insbesondere im Hinblick auf das Verschlechterungsgebot, das Verbesserungsgebot und die Erhaltungsziele im Bewilligungsverfahren im Rahmen der Abwägung gewürdigt. Auch die genannten Aspekte stellen – wie die Zweckbestimmungen der Talsperre – unterschiedliche Anforderungen an die Speicherbewirtschaftung. Es hat sich gezeigt, dass in diesem Fall die Erhaltungsziele eines FFH-Gebietes unmittelbar mit den Bewirtschaftungszielen für Oberflächenwasserkörper konkurrieren; auch konkurrieren Wasserkörper gegeneinander und gegen eine oder mehrere Systemdienstleistungen. Auch dies wurde in einem komplexen Abwägungsprozess im Zuge des Bewilligungsverfahrens nachvollzogen.

Mit der neuen Bewilligung wurde ein überarbeiteter Betriebsplan genehmigt, mit dem neben einem vergrößerten Hochwasserrückhalteraum auch eine Flexi-Lamelle und eine dynamische Unterwasserabgabe installiert wurden. An den Nebenanlagen, wie den Wehranlagen der Beileitungen von Sperrlutter und Breitenbeek sowie den dortigen Pegeln werden konstruktive Maßnahmen in Verbindung mit der Anhebung der bisherigen Mindestwasserabflüsse die ökologische Durchgängigkeit verbessern. Eine weitere bisherige Beileitung wird künftig aus fließgewässerökologischen Gründen nicht mehr genutzt und vollständig zurückgebaut.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das System Odertalsperre für die nahe Zukunft als robust eingestuft wird. Im Zuge einer vertieften Sicherheitsüberprüfung ist nach 15 Jahren ein erneuter Klimawandel-Check unter Einbindung der zu diesem Zeitpunkt vorliegender Erkenntnisse zu Klimawandelprojektionen und der Ergebnisse fließgewässerökologischer Untersuchungen durchzuführen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2021
zuletzt aktualisiert am:
29.06.2021

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