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Sublitoralkartierung

 
Darstellung von zeitgleich erfasster Bathymetrie (farbiges Grid) und Rückstreuintensität (Graustufen-Mosaik) im Untersuchungsgebiet Borkumriff (Nordsee).

Der NLWKN führt auf Grundlage der Europäischen Richtlinien 1992/43/EG ( FFH-Richtlinie), 2000/60/EG ( EG-WRRL) und 2008/56/EG ( EG-MSRL) die Kartierung der sublitoralen, stets überfluteten Flächen der niedersächsischen Übergangs- und Küstengewässer durch. Bei der als Daueraufgabe angelegten Arbeit wird durch die Forschungsstelle Küste die morphologische und sedimentologische Beschaffenheit der Meeresbodenoberfläche sowie des unmittelbar angrenzenden Meeresuntergrundes erfasst. In Zusammenarbeit mit dem Geschäftsbereich III Betriebsstelle Brake-Oldenburg und der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer (NLPV) werden die dortigen Habitate ausgewiesen.

Die Forschungsstelle Küste erledigt die dafür notwendigen hydroakustischen Messungen und Beprobungen und ist des Weiteren auch für die Auswertungen sowie die abschließende Kartierung der Ergebnisse zuständig. Dadurch kann eine detailgenaue und grenzscharfe Verteilung und Ausdehnung der Meeresbodentypen bestimmt und eine vollständige Karte von Meeresgrund und -untergrund erstellt werden. Mit dem NLWKN-Forschungsschiff Burchana steht der Forschungsstelle Küste dabei ein mit hochmodernen Messinstrumenten ausgestattetes Arbeits- und Forschungsschiff zur Verfügung. Unterschiedliche akustische Systeme (Fächerecholot, parametrisches Sedimentecholot sowie Seitensichtsonar) ermöglichen die gleichzeitige Erfassung von topographischen Daten und der Rückstreuintensitäten mit hoher räumlicher Auflösung.

  Bildrechte: NLWKN
Aufnahmesoftware auf dem NLWKN-Forschungsschiff Burchana zur gleichzeitigen Erfassung von Bathymetrie und Rückstreuintensität (linker Bildschirm) sowie der Sedimentschichtungen des Meeresbodenuntergrundes (rechter Bildschirm).
 
Erfasste Sedimentschichtungen (gestrichelte Linie) unterhalb der Meeresbodenoberfläche im Untersuchungsgebiet Borkumriff (Nordsee).
Die hydroakustischen Messdaten werden durch Greifer- und Bohrkernproben verifiziert. Die Proben liefern quantitative Daten hinsichtlich der Beschaffenheit des Meeresbodens unter Verwendung geologischer Analysemethoden zur Ermittlung des vorliegenden Materials. Zusätzlich kann durch die Entnahme von Makrozoobenthosproben eine Analyse der biologischen Gemeinschaften erfolgen. Die Position wird mittels eines Unterwasserpositionssystems hochgenau bestimmt, um sowohl einen direkten Vergleich mit den hydroakustichen Daten zu ermöglichen als auch eine in definierten Zeitintervallen wiederholte Probennahme für Monitoringzwecke zu gewährleisten.
 
Aufnahme des für die Beprobung der Meeresbodenoberfläche eingesetzten Van Veen-Greifers (oben). Der mit einem Sender ausgestattete Greifer überträgt die exakte Position mittels eines Unterwasser-Positionierungssystems in Echtzeit.
Korngrößen werden anhand von Sieben gemäß des internationalen ASTM Standards D 422-63 bestimmt. Die Klassifizierung der Sedimente erfolgt entsprechend der Definition nach Folk (1954) und Figge (1981).
 
Klassifizierung von Sedimentproben im Messgebiet Borkumriff (Nordsee) nach Folk (1954, links) und Figge (1981, rechts) und Darstellung der Sieblinien der entsprechenden Klassen (unten).
Die hochaufgelöste Kartierung erfolgt basierend auf einer Klasse neuartiger mathematischer Verfahren. Diese erfordern vergleichsweise aufwändige Messtechnik, welche die gleichzeitige Erfassung topografischer Daten der Gewässersohle und der Rückstreuintensität mit hoher räumlicher Auflösung und an identischen Punkten erlaubt. Aufgrund des physikalisch sehr konsistenten Ansatzes ist unter diesen Voraussetzungen eine weitgehend automatisierte Zuordnung von Bathymetrie und Rückstreuintensitäten zu entsprechenden Bodenformen und Sedimenttypen möglich.
 
Änderung der Rückstreuintensität bei zunehmendem Einfallswinkel des akustischen Signals auf unterschiedliche Sedimenttypen.
Ein wesentlicher Vorteil des Verfahrens liegt daher in der Ermittlung eindeutiger und über das gesamte Erfassungsgebiet einheitlich reproduzierbarer Ergebnisse. Die resultierenden Karten sind als bestmögliche Abschätzung der Bodenbeschaffenheit zu einer bestimmten Zeit nach aktuellstem Stand der Technik zu betrachten. Im Zusammenhang mit der dauerhaften Vorhaltung der Rohdaten wird die Möglichkeit geschaffen, im Lichte neuer Erkenntnisse und basierend auf der mit der Zeit wachsenden Menge an Bodenproben die Abbildungsleistung weiter zu verbessern.
 
Darstellung unterschiedlicher Bodenformen in der Otzumer Balje südwestlich der Insel Spiekeroog (Nordsee).
Die erforderliche Methodenentwicklung wird unter anderem im Rahmen von Forschungsvorhaben und internationalen wissenschaftlichen Kooperationen vorangebracht. Ein Beispiel ist das seit Mai 2016 durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) sowie die Volkswagen-Stiftung geförderte, interdisziplinäre Verbundprojekt WASA – The Wadden Sea Archive. In Zusammenarbeit mit verschiedenen international im jeweiligen Forschungsfeld tätigen Einrichtungen werden grundlegende Methoden weiterentwickelt und auf die speziellen Anforderungen der niedersächsischen Übergangs- und Küstengewässer abgestimmt. Ein kontinuierlicher Austausch mit den zuständigen Stellen der Anrainer findet statt, um einheitliche Ergebnisse insbesondere an den Gebietsübergängen sicherzustellen. Die Bodendaten eröffnen weitreichende Möglichkeiten in der numerischen morphodynamischen Modellierung oder auch bei der Identifikation von Sedimentvorkommen mit Eignung für den Insel- und Küstenschutz.
 

Dreidimensionale Darstellung von Rückstreuintensitäten in Kombination mit einem digitalen Geländemodell im Riffgat südlich von Norderney (Nordsee).

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