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Verordnungstext zum Naturschutzgebiet "Tister Bauernmoor"

(NSG LÜ 252)


Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet "Tister Bauernmoor" im Landkreis Rotenburg (Wümme) vom 16.04.2002

Aufgrund der §§ 24 und 30 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NNatG) vom 11.04.1994 (Nds. GVBl. S. 155) – in der zur Zeit gültigen Fassung – und des § 9 Abs. 4 des Niedersächsischen Jagdgesetzes (NJagdG) vom 16.03.2001 (Nds.GVBl. S.100) wird verordnet:

§ 1 Naturschutzgebiet

Das in § 2 näher bezeichnete Gebiet in der Gemarkung Tiste, Gemeinde Tiste, Samtgemeinde Sittensen, Landkreis Rotenburg (Wümme), wird zum Naturschutzgebiet "Tister Bauernmoor" i.S. des § 24 Abs. 1 NNatG erklärt.

Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von ca. 570 ha.

§ 2 Geltungsbereich

Die Grenzen des Naturschutzgebietes (NSG) ergeben sich aus der mitveröffentlichten Karte im Maßstab 1:12.500. Die NSG-Grenze verläuft auf der dem Gebiet abgewandten Seite der schwarzen Punktreihe. Gräben und Gehölzstrukturen am Rande des NSG, die von der schwarzen Punktreihe berührt werden, gehören zum NSG. Die Karte ist Bestandteil der Verordnung.

§ 3 Schutzzweck

(1) Schutzzweck ist die Erhaltung, Pflege und naturnahe Entwicklung der Hochmoorlandschaft des Tister Bauernmoores insbesondere auch als Brut- und Rastgebiet für Vögel der Moore, Gewässer und Sümpfe.

Das NSG ist eine bedeutsame Lebensstätte von zahlreichen Arten des Anhangs 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie und Teil eines Europäischen Vogelschutzgebietes gemäß Art. 4 der EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG). Es ist Bestandteil des europäischen Schutzgebietsnetzes "Natura 2000".

(2) Das Gebiet ist derzeit besonders geprägt durch

- die großflächigen maschinell abgetorften Flächen, die in weiten Teilen überstaut sind,

- einen nördlich angrenzenden Moorkomplex mit einem hohen Flächenanteil eingestreuter bäuerlicher Handtorfstiche und hochmoortypischer Pflanzengesellschaften, der mit lichtem Anflugwald bestockt ist,

- das Grünland auf Moor- und Mineralboden im Norden des Gebietes und das Grünland auf Hochmoor zwischen den ehemaligen Abtorfungsflächen und dem Forstort Ochsenhorn; Ackerflächen befinden sich auf höher gelegenen Sandflächen,

- den Forstort Ochsenhorn mit seiner auf einem Geestrücken liegenden Laubholzinsel und dem Kiefern-Birkenwald auf Moor.

(3) Die Erklärung zum Naturschutzgebiet bezweckt insbesondere

- die Renaturierung des Moores und seiner Randzonen durch Wiedervernässung, insbesondere zur Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes (i.S. des Artikels 1 Buchstabe e der Richtlinie 92/43/EWG) von Lebensräumen für Brut- und Gastvogelarten, wie folgt:

• im Bereich der maschinell abgetorften Flächen die Erhaltung und Entwicklung des Moores als Offenlandschaft durch Wassereinstau über Geländeniveau, insbesondere als Lebensraum für Vogelarten der Moore, Gewässer und Sümpfe (z.B. Kranich, Korn-, Wiesen- und Rohrweihe, Löffelente, Raubwürger und Baumfalke),

• im Bereich der übrigen Hochmoorflächen (mit Anflugwald, eingestreuten Handtorfstichen bzw. Grünland) die Entwicklung zu halboffenen Moor- und Sumpfflächen mit hohem, teilweise über Geländeniveau liegendem Grundwasserstand einschließlich der Versumpfung der Randflächen durch Wasserrückhaltung, insbesondere als Lebensraum von Vogelarten kleinräumiger strukturierter Feuchtgebiete (z.B. Waldschnepfe, Bekassine, Krickente und Knäkente),

• im Forstort Ochsenhorn die Erhaltung und Entwicklung naturnaher Birken-Kiefernmoorwälder auf Moorstandorten und naturnaher bodensaurer Buchenwälder auf den Geeststandorten mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Alt- und Totholz, insbesondere als Brutlebensraum von waldbewohnenden Vogelarten, wie z.B. Seeadler, Wespenbussard und Schwarzspecht,

- die Erhaltung und Wiederherstellung der Ruhe und Ungestörtheit dieser weiträumigen Moorlandschaft insbesondere im Hinblick auf die besondere Bedeutung als Brut- und Rastplatz von störungsempfindlichen Vogelarten, wie z.B. Kranich, Seeadler, Korn-, Wiesen- und Rohrweihe und Löffelente u.a. durch Beschränkung der Jagd und Besucherlenkung,

- die Erhaltung und Entwicklung extensiv als Grünland genutzter Magervegetation auf Mineralboden am Nordrand des Naturschutzgebietes, soweit die Vernässung eine Grünlandnutzung noch zulässt,

- den Schutz und die Erhaltung der im Gebiet wildlebenden Tiere und Pflanzen sowie ihrer Lebensgemeinschaften,

- die Erhaltung und Entwicklung extensiv genutzten Grünlandes auf Hochmoor auf den Flurstücken 32/3 und 35/4 der Gemarkung Tiste, Flur 9,

- die Erhaltung des Gebietes für die Heimatkunde.

(4) Für die Entwicklung des Gebietes sind besonders bedeutsam:

- die Wasserrückhaltung durch Grabenverdämmung auf den Flächen der öffentlichen Hand sowie die Kammerung auf den abgetorften Flächen und im Bereich der bäuerlichen Handtorfstiche,

- die Extensivierung bzw. Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung nach Grunderwerb durch die öffentliche Hand,

- die Beseitigung bzw. Sperrung von Wegen,

- die Entnahme der nicht standortheimischen Baumarten sowie die Entkusselung von Sandheiden u.a. Flächen mit schutzbedürftiger Vegetation,

- die Vermeidung von Störungen und Veränderungen durch die Jagdausübung,

- Maßnahmen zur Lenkung und Information der Besucher.

§ 4 Verbote

(1) Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 NNatG sind im Naturschutzgebiet alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern.

(2) Das Naturschutzgebiet darf nicht betreten, befahren oder auf sonstige Weise aufgesucht werden, soweit in § 5 dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(3) Nach § 24 Abs. 3 Satz 1 NNatG werden zur Vermeidung von Gefährdungen und Störungen im Naturschutzgebiet folgende Handlungen untersagt:

a) Hunde unangeleint laufen zu lassen,

b) die Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören,

c) organisierte Veranstaltungen durchzuführen,

d) Bohrungen aller Art niederzubringen.

(4) Nach § 9 Abs. 4 Satz 1 NJagdG wird die Jagdausübung wie folgt beschränkt:

a) Auf den in der Karte zur VO schraffiert dargestellten Flächen ist die Jagd nicht zulässig,

b) auf übrigen Gebiet dürfen Wasserfederwild und Waldschnepfen nicht bejagt werden,

c) auf den Flächen westlich der durchgezogenen Linie, nördlich des schraffierten Bereiches ist die Jagd in der Zeit vom 1. Februar bis zum 31. November eines jeden Jahres nicht zulässig.

§ 5 Zulässige Handlungen

Folgende Handlungen werden als Abweichungen zugelassen und fallen nicht unter die Verbote des § 4 dieser Verordnung:

(1). Allgemeine Freistellungen:

a) das Betreten des Gebietes auf den in der Verordnungskarte dargestellten Wegen einschließlich der Moorerlebniszone,

b) der Betrieb und die Unterhaltung einer Moorbahn für Besucher auf der in der mitveröffentlichten Karte dargestellten Trasse im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde mit folgenden Einschränkungen:

- max. 10 Fahrten pro Woche

- der Fahrbetrieb in der Zeit von 9.00 bis 15.00 Uhr auf der Westseite der Trasse,

c) das Betreten und Befahren des Naturschutzgebietes soweit es zur rechtmäßigen Nutzung und Bewirtschaftung erforderlich ist,

d) das Betreten von Grundstücken durch die Eigentümer und deren Beauftragte,

e) das Betreten und Befahren des Gebietes

- durch die Naturschutzbehörden und deren Beauftragte,

- durch andere Behörden und öffentliche Stellen sowie deren Beauftragte nach Herstellung des Einvernehmens mit der oberen Naturschutzbehörde,

zur Erfüllung dienstlicher und wissenschaftlicher Aufgaben,

f) Untersuchungen bzw. Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung des Naturschutzgebietes, die im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde durchgeführt werden.

(2). Freistellungen der Landwirtschaft:

a) die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bewirtschaftung der in der mitveröffentlichten Karte mit Punktraster dargestellten Grünlandflächen als Grünland, jedoch ohne das Aufbringen von Klärschlamm sowie organischem Dünger aus der Geflügelhaltung und ohne zusätzliche Entwässerung, solange diese sich in Privateigentum befinden,

b) die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bewirtschaftung der in der mitveröffentlichten Karte mit Querschraffur dargestellten Ackerflächen, jedoch ohne das Aufbringen von Klärschlamm sowie organischem Dünger aus der Geflügelhaltung, solange diese sich in Privateigentum befinden;

c) die Umwandlung von Acker in Grünland

(3). Freistellungen der Waldnutzung:

a) die ordnungsgemäße forstliche Bewirtschaftung der landeseigenen Waldflächen nach den Grundsätzen der langfristigen ökologischen Waldentwicklung

- unter ausschließlicher Förderung der standortheimischen Baum- und Straucharten mit Waldkiefer und Moorbirke als vorherrschende Baumarten auf den Moorstandorten und Rotbuche und Stieleiche als den vorherrschenden Baumarten auf der Geestinsel im Forstort Ochsenhorn,

- unter Entnahme standortfremder Baum- und Straucharten (z.B. Strobe, Sitka, Späte Traubenkirsche) – sobald wie möglich, spätestens bei Erreichen der Hiebsreife,

- unter Erhaltung der natürlichen Standortbedingungen

- ohne Veränderung des Bodenreliefs, zusätzliche Entwässerung und Unterhaltung von Gräben, die ausschließlich der Binnenentwässerung dienen,

- unter Bewirtschaftung als ungleichaltriger, vielfältig mosaikartig strukturierter Wald mit kontinuierlichem Altholzanteil bei einzelstamm- bis horstweiser Holzentnahme sowie langen Nutzungs- und Verjüngungszeiträumen,

- unter Durchführung von Pflege- und Holzerntemaßnahmen zwischen dem 01. 08 und dem 28. 02. eines jeden Jahres unter Rücksichtnahme auf schutzbedürftige Tier- und Pflanzenarten,

- unter Erhaltung der Grünstreifen zur Waldbrandsicherung durch Mahd ohne Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln,

- ohne Entnahme von Horst- und Höhlenbäumen, stehendem starken Totholz einschließlich abgebrochener Baumstümpfe (Hochstubben);

Aus Forstschutzgründen können Ausnahmen hiervon im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde zugelassen werden.

- ohne Einsatz von Kalkungs- und Düngemitteln sowie von Pflanzenschutzmitteln.

b) die Holzentnahme auf den privateigenen Flächen in der Zeit vom 01.08. bis 28. 02 eines jeden Jahres unter Rücksichtnahme auf schutzbedürftige Tier- und Pflanzenarten.

c) die Entnahme von Pfingstbäumen in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde.

(4). Freistellungen der Jagd:

a) die Jagdausübung außerhalb des in der Karte schraffiert dargestellten Bereichs , soweit sie sich auf das Recht zum Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen, Fangen und Aneignen von Wild und den Jagdschutz bezieht und nicht den Beschränkungen des § 4 Abs. 4 dieser Verordnung unterliegt,

b) die Errichtung und der Betrieb folgender jagdwirtschaftlicher Einrichtungen, soweit das Einvernehmen der oberen Naturschutzbehörde gegeben ist:

- Ansitzleitern und Ansitzschirme sowie Hochsitze, soweit sie nach Material und Bauweise der Landschaft angepasst und in optischer Anlehnung an Bäume oder Gehölzbestände errichtet werden,

- Kirrungen auf privateigenen Flächen und im Forstort Ochsenhorn,

- Wildäcker ohne Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln,

c) Fütterungen und die Anlage von Jagdhütten unterliegen dem Veränderungsverbot des § 4 Abs. 1 dieser Verordnung

d) die Wildfolge gem. § 27 NJagdG ist im schraffierten Bereich freigestellt.

(5). Freistellungen der Gewässerunterhaltung und Unterhaltung der Wege:

a) die ordnungsgemäße mechanische Unterhaltung der vorhandenen Gräben und Durchlässe, soweit sie für die Entwässerung privateigener landwirtschaftlicher Nutzflächen erforderlich sind,

b) die Unterhaltung der Wege, soweit sie zur Erschließung privateigener Flächen oder Flächen der Landesforst erforderlich sind, oder der Besucherlenkung dienen, mit Sand, Kies und Lesesteinen

(6). Freistellung der Imkerei:

die imkereiliche Nutzung im bisherigen Umfang und an den bisherigen Standorten im Forstort Ochsenhorn und auf dem Flurstück 14/2 der Flur 4 Gemarkung Tiste.

§ 6 Duldung

Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte sind verpflichtet, folgende Maßnahmen zu dulden:

1. das Aufstellen von Schildern zur Kennzeichnung des Naturschutzgebietes sowie zur Vermittlung von Informationen über das Gebiet,

2. Maßnahmen zur Entkusselung von Moor- und Heideflächen,

3. Maßnahmen zur Beseitigung standortfremder Baum- und Straucharten (z.B. Strobe, Späte Traubenkirsche, Sitkafichte).

§ 7 Befreiungen

(1) Von den Verboten dieser Verordnung und des § 24 Abs. 2 Satz 1 NNatG kann die Bezirksregierung Lüneburg auf Antrag nach § 53 NNatG Befreiung gewähren, wenn

1. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall

a) zu einer nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist oder

b) zu einer nicht gewollten Beeinträchtigung von Natur und Landschaft führen würde oder

2. überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern.

(2) Eine Befreiung nach Absatz 1 ersetzt nicht nach sonstigen Vorschriften erforderliche Genehmigungen.

§ 8 Ordnungswidrigkeiten

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Verboten des § 24 Absatz 2 Satz 1 NNatG oder des § 4 Absätze 1 - 3 dieser Verordnung zuwiderhandelt, begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 64 Nr. 1 bzw. Nr. 4 NNatG.

Sie kann mit einer Geldbuße nach § 65 NNatG geahndet werden.

(2) Ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 64 Nr. 1 oder Nr. 4 NNatG begangen worden, so können gemäß § 66 NNatG Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht oder die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden.

(3) Wer den Bestimmungen des § 4 Abs. 4 dieser Verordnung zuwiderhandelt begeht eine Ordnungswidrigkeit nach § 41 Abs.1 Nr. 26 NJagdG.

Sie kann gem. § 41 Abs. 2 NJagdG mit einer Geldbuße geahndet werden.

(4) Zwangsmaßnahmen nach sonstigen Vorschriften bleiben hiervon unberührt.

§ 9 Strafbarkeit

Die in § 329 Abs. 3 Strafgesetzbuch aufgeführten Handlungen werden als Straftaten verfolgt.

§ 10 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Ausgabe des Amtsblattes für den Regierungsbezirk Lüneburg, in dem sie veröffentlicht worden ist, in Kraft.

Bezirksregierung Lüneburg

Lüneburg, den 16.04.2002

Im Auftrage

Holtmann

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Verbindlich sind für alle Schutzgebiete die im Amtsblatt veröffentlichten Verordnungen bzw. Karten.

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Artikel-Informationen

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76 A
D-30453 Hannover

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