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Vechte bekommt neues Bett

Renaturierung: NLWKN und Landkreis Grafschaft Bentheim lassen gemeinsam die Bagger rollen


Erster Spatenstich mit Offiziellen auf einer Wiese. Im Hintergrund ein Bagger.   Bildrechte: NLWKN
Vertreter des Landkreises Grafschaft Bentheim, des NLWKN und der beteiligten Bau- und Planungsfirmen beim Spatenstich.
Die Vechte am Morgen: Der Fluss schlängelt sich durch eine Landschaft.   Bildrechte: NLWKN/Sönnichsen
Ein Blick in das Projektgebiet vor der Umsetzung zeigt: Durch menschliche Eingriffe wurde das Aussehen der Vechte in der Vergangenheit stark verändert (Bild: NLWKN/Sönnichsen).

Schüttorf (Quendorf)/ Meppen Seit Montag (07. September) rollt an der Vechte in Quendorf oberhalb der Brücke Schulstraße schweres Gerät: Mit Baggern, Totholz und einer neuen Verwallung wollen der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und die Grafschaft Bentheim dem Fluss gemeinsam in ein neues, naturnahes Bett verhelfen. Neben Flora und Fauna soll auch der Hochwasserschutz von dem umfangreichen Renaturierungsprojekt profitieren.

In den kommenden Monaten werden dabei im Rahmen des EU-geförderten Vorhabens unter anderem 15 Bäume als Strukturelemente und Strömungslenker in die Vechte eingebaut. Kiesbänke sollen als Angebot etwa für Meerforellen dienen, aber auch zur Erhöhung der Vielfalt der Gewässersohle beitragen. Ferner ist auf der Projektfläche vorgesehen, 220 Meter Schüttsteine aus der Böschung zu entnehmen und 1.400 Quadratmeter Oberboden abzutragen. Er soll später einer natürlichen Entwicklung überlassen werden. Auch die Auenentwicklung steht im Fokus der Planer: Hierzu wird auf einer Fläche von 3.600 Quadratmetern ein Auengewässer neu angelegt und der Lauf der Vechte um insgesamt 245 Meter verlängert.

Dass im Rahmen der Arbeiten die Interessen der Anrainer umfassend berücksichtigt werden, ist Josef Schwanken, für das Projekt zuständiger Dezernent in der NLWKN-Betriebsstelle Meppen, wichtig: „Zur Sicherung angrenzender Flächen wird die Verwallung zurückverlegt und über eine Länge von 1.000 Metern komplett neu errichtet. Hierdurch kann zudem neuer Überflutungsraum entstehen, der zur Erhöhung der Hochwassersicherheit insbesondere flussabwärts beiträgt“.

Das ambitionierte Renaturierungsprojekt hat eine lange Vorgeschichte: Im Vorfeld wurden von den ersten Entwürfen bis zur Genehmigungsreife zahlreiche Voruntersuchungen durchgeführt. „Wir haben intensive Abstimmungen mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim als Wasser- und Naturschutzbehörde und Flächeneigentümer geführt. Ebenso intensiv wurden die angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzer, aber auch die Pächter der Flächen in die Planungen eingebunden“, erinnert sich Schwanken. Für den gefundenen Kompromiss kann in Quendorf nun der Startschuss fallen.

Natürliche dynamische Prozesse als Ziel

„Die Renaturierung wird den Fluss und sein Umfeld, die sogenannte Aue, fördern und für natürlichere, dynamische Prozesse im Fluss sorgen“, ist auch Dr. Michael Kiehl, zuständiger erster Kreisrat des Landkreises Grafschaft Bentheim, überzeugt. Durch die behutsame Herausnahme der Böschungssicherungen und der Schaffung ungenutzter Uferrandstreifen, dem lokalen Einsatz von Totholz und der Umstellung der Gewässerunterhaltung soll der Vechte insgesamt mehr Möglichkeit zur eigenen Entwicklung eingeräumt werden. „Die Erhöhung der Strukturvielfalt in den Lebensräumen wird für mehr Biodiversität sorgen und Eisvögeln, Forellen u. Co. zugutekommen“, sind Kiehl und Schwanken überzeugt. Durch die Schaffung von sogenannten Rohbodenbereichen in den neu geformten Inselflächen sollen sich dabei naturnahe Überflutungsflächen frei entwickeln dürfen. Sie seien für die Arterhaltung von besonderer Bedeutung, so die Experten.

Der NLWKN steht als Landesbetrieb an der Vechte in gleich zweifacher Weise in der Pflicht: Er hat die Abführung des Wassers im Fluss zu gewährleisten, um u.a. die Landentwässerung zu unterstützen. Eine gleichrangige Aufgabe besteht aber auch darin, die Gewässer insgesamt in einen natürlicheren Zustand zurückzuführen, so Birgit Heddinga, Geschäftsbereichsleiterin für den Betrieb und die Unterhaltung landeseigener Anlagen in der NLWKN-Direktion: „Das Land Niedersachsen ist sich hier seiner Vorbildfunktion an den landeseigenen Gewässern bewusst. Gemeinsam mit den Kommunen und Landkreisen bemühen wir uns, durch Renaturierungsmaßnahmen wie hier in Quendorf dieser Vorbildfunktion gerecht zu werden“. Möglich sind solche Maßnahmen aber nur, wenn auch geeignete Flächen zur Verfügung stehen. Heddinga richtete deshalb einen besonderen Dank an die Naturschutzstiftung des Landkreises und die Stadt Schüttorf, die zusammen mit dem Land die Flächen zur Verfügung stellen.

„Der Landkreis Grafschaft Bentheim unterstützt die Bestrebungen des NLWKN ausdrücklich“ so der erste Kreisrat Dr. Kiehl am Rande des gemeinsamen ersten Spatenstichs für das Großvorhaben. Andernorts hat der Landkreis in der jüngeren Vergangenheit bereits erfolgreich Renaturierungsprojekte umgesetzt – etwa am „Grensmeander“ bei Laar, dem Altarmanschluss bei Frenswegen oder mit dem vor kurzem umgesetzten Rückbau des Wehres War an der Dinkel. Die Zusammenarbeit von Landkreis und NLWKN werde sich zudem positiv auf die Initiative des Landkreises zur Förderung eines Biotopverbundes auswirken, ist sich Dr. Kiehl sicher. Er weist in diesem Zusammenhang auf die Bundesfördermittel hin, die vor kurzen vom Landkreis für diesen Biotopverbund eingeworben werden konnten. „Die Gewässer und besonders Vechte und Dinkel sind dabei das verbindende Element - Naturschutz und Wasserwirtschaft müssen also an einem Strang ziehen“, so Kiehl und Schwanken.

Die Baumaßnahmen, die von der Firma Boymann aus Dortmund durchgeführt werden, sollen bis in das nächste Jahr hinein andauern. Das Projekt wird mit Mitteln der europäischen Union in Höhe von rund 653.000 Euro gefördert. Der NLWKN wird über den Baufortschritt in regelmäßigen Abständen berichten.


Skizze der Projektfläche   Bildrechte: NLWKN
Absperrdämme, Laufverlängerungen, Verwallungen, Auenentwicklung: Das Luftbild lässt die Schwerpunkte der geplanten Eingriffe erkennen (Grafik: NLWKN).
Bildrechte: NLWKN

Artikel-Informationen

erstellt am:
08.09.2020

Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
Tel: +49 (0)511 3034-3322 sowie +49 (0)4931/ 947 -173 und +49 (0)4931/ 947 -181
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