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Neue Kompetenzen im NLWKN

Erfolgreiche Teilnahme zweier Kollegen an einem Zertifizierungslehrgang „Bodenkundliche Baubegleitung“


Bei der Anlage eines Süßwasserteiches im geplanten Tide-Polder Coldemüntje sind von einer bodenkundlichen Baubegleitung unterschiedliche Aspekte zu beachten, wie z. B. getrennter Abtrag verschiedener Bodenschichten, Bodenerosion oder Befahrbarkeit.   Bildrechte: Heinrich Pegel
Bei der Anlage eines Süßwasserteiches im geplanten Tide-Polder Coldemüntje sind von einer bodenkundlichen Baubegleitung unterschiedliche Aspekte zu beachten, wie z. B. getrennter Abtrag verschiedener Bodenschichten, Bodenerosion oder Befahrbarkeit.

Von Heinrich Pegel

In einem Lehrgang der Universität Osnabrück in Kooperation mit dem Bundesverband Bodenschutz wurden Christian Maasland und Heinrich Pegel (Geschäftsbereich Naturschutz, Betriebsstelle Brake/Oldenburg) zusammen mit 18 weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz Deutschland und auch Österreich an drei Wochenenden im Februar und März 2022 wesentliche Kenntnisse zum Bodenschutz vermittelt. Für die Teilnahme am Lehrgang waren nachgewiesene bodenkundliche Grundkenntnisse erforderlich. Für die Zertifizierung und den Eintrag in die Liste der zertifizierten Bodenkundlichen Baubegleiter/-innen des Bundesverbandes Bodenschutz musste abschließend eine theoretische (schriftlich) und eine praktische Prüfung (Bodenansprache an einem Bodenprofil) bestanden werden.

Die Bodenschutzbehörden einzelner Landkreise (z. B. Landkreis Leer) fordern bereits schon jetzt den Einsatz einer zertifizierten bodenkundlichen Baubegleitung bei größeren Erdbaumaßnahmen, so zum Beispiel bei den NLWKN-Vorhaben im Rahmen des Masterplan Ems 2050, bei denen in Coldemüntje und Stapelmoor Ems-Tidepolder gebaut werden sollen. In diesen oder ähnlichen Projekten können die Kollegen Maasland und Pegel neben ihren naturschutzfachlichen nun auch ihre neuen bodenschutzfachlichen Qualifikationen zum Einsatz bringen.

Im Bauwesen wurde der Boden bislang häufig „nur“ als Baugrund oder Baustoff betrachtet und dabei nur nach seiner Fähigkeit, Lasten aus dem Bauwerk aufzunehmen oder nach seiner Eignung für die Errichtung von Erdbauwerken wie zum Beispiel dem Bau von Deichen beurteilt.

Doch der Boden rückt in Anbetracht seiner wesentlichen Bedeutung für den Naturhaushalt bei Bauvorhaben zunehmend als eigenständig zu betrachtendes Schutzgut in den Fokus, denn er erfüllt vielfältige natürliche Funktionen: als Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen, als Bestandteil des Naturhaushaltes, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, und als Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund seiner Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers.

Diese Bedeutung findet ihren Niederschlag in der im Rahmen der neuen Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe und Bodenschutz novellierten Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV). Diese wird die Verwertung mineralischer Abfälle und den Bodenschutz bundeseinheitlich neu regeln. Die Verordnung, veröffentlicht am 16.07.2021, tritt am 1. August 2023 in Kraft. Dort werden die bisherigen Anforderungen des Bodenschutzes im Wesentlichen übernommen und weiter ergänzt. Neu sind u. a. Anforderungen zur Vorsorge bei physikalischen Einwirkungen (z. B. schädliche Bodenverdichtungen) und eine Befugnis der Genehmigungsbehörde, bei Erdbauvorhaben, die mehr als 3.000 m² Fläche beanspruchen, eine eigenständige bodenkundliche Baubegleitung (BBB) zu fordern.

Die BBB soll die bodenschutzfachlichen und rechtlichen Anforderungen im Zusammenhang mit Bauvorhaben sicherstellen und die Vorsorge gegen schädliche Bodenveränderungen und einen schonenden Umgang mit Boden und Fläche unterstützen.

Sie erfolgt durch eine im Sinne der DIN 19639 (Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben) qualifizierte und zertifizierte Person eigenständig und parallel zur Umweltbaubegleitung des Vorhabenträgers. Die DIN 19639 gibt eine Handlungsanleitung zum baubegleitenden Bodenschutz und zielt in ihrer Anwendung auf die Minimierung der Verluste der gesetzlich geschützten natürlichen Bodenfunktionen im Rahmen von Baumaßnahmen ab.

Die BBB soll den Bauherrn von Beginn eines Vorhabens an über alle Stufen der Realisierung des Bauwerkes unterstützen, also von den ersten Überlegungen für eine Flächeninanspruchnahme über die Planung, Erstellung des Leistungsverzeichnisses, Ausschreibung, Durchführung, Kontrolle, Rekultivierung, bodenkundlichen Beweissicherung bis hin zur ggf. erforderlichen Nachsorge bzw. Schadensbehebung. Dazu gehört auch die diesbezügliche Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren (insbesondere Vorhabenträger, Bauleitung, Genehmigungsbehörde) und die fachliche Dokumentation der diesbezüglichen Bauabläufe.

Mit Beginn der Planung ist von der BBB ein Bodenschutzkonzept mit Text und Plänen (Bodenschutzplan) zu erstellen, das bereits Bestandteil der Genehmigungsunterlagen und Grundlage für bodenschutzspezifische Anforderungen im Leistungsverzeichnis sein soll.

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