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Hilfe für das bedrohte Froschkraut

Integriertes LIFE-Projekt „Atlantische Sandlandschaften“ fördert Artenhilfsmaßnahmen in Niedersachsen.


Die weißen Blüten können dabei helfen, das Froschkraut mit seinen unscheinbaren Blättern im Gewässer zu entdecken.   Bildrechte: Ulrich Meyer-Spethmann
Die weißen Blüten können dabei helfen, das Froschkraut mit seinen unscheinbaren Blättern im Gewässer zu entdecken.

Von Leonie Braasch, Thomas Kutter, Ulrich Meyer-Spethmann und Thomas Täuber

Gesamtbewertung „ungünstig bis schlecht“ – die Bilanz aus dem FFH-Bericht von 2019 für die stark gefährdete Rote-Liste-Art „Schwimmendes Froschkraut“ (Luronium natans) fiel in der atlantischen Region erneut ernüchternd aus. Grund für die Einstufung sind eine generelle Verschlechterung der Lebensraumsituation und fehlende größere Wiederherstellungsmaßnahmen. In ganz Niedersachsen sind derzeit noch etwa 50 Wuchsorte bekannt. Der Erhalt möglichst aller dieser Vorkommen ist ein Ziel des von der EU geförderten Integrierten LIFE-Projekts.


Kleines Kraut im niedersächsischen Fokus

Alle 3-4 Jahre wird es unter die Lupe genommen: Im Rahmen des bundesweiten FFH-Monitorings (Fauna-Flora Habitatrichtlinie der EU) werden im Auftrag des NLWKN alle Wuchsorte von Luronium natans in Niedersachsen erfasst. Die Art befindet sich damit im sogenannten „Totalzensus“, da die geforderte Anzahl der zu untersuchenden Stichprobenflächen nahezu identisch mit der Gesamtzahl der Vorkommen ist. Beim Monitoring werden jedoch nicht nur Pflanzen gezählt, sondern durch Einschätzung des aktuellen Erhaltungszustandes und der jeweiligen Gefährdungssituation Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen erarbeitet.

Diese Maßnahmenvorschläge werden dann den zuständigen unteren Naturschutzbehörden übermittelt, um sie im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten umzusetzen. Großflächig notwendige Wiederherstellungsmaßnahmen bleiben dabei oft aus finanziellen Gründen oder aus Akzeptanzproblemen der jeweiligen Eigentümer auf Ausnahmen beschränkt (Positivbeispiel: Sanierung des Berger Keienvenns im Landkreis Emsland).

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern mit nur wenigen Vorkommen des Froschkrauts ist in Niedersachsen eine große genetische Breite der Art zu erwarten. Die oberste Priorität hat hier daher der Schutz des natürlich vorkommenden Bestandes. Stärke Eingriffe, wie zum Beispiel das Ausbringen aufgezogener Pflanzen in neue Gewässer, sind nicht geplant. Der menschliche Einfluss soll sich auf Maßnahmen an den bestehenden Wuchsorten beschränken.


Ansprüche des Froschkrauts

Die seit Jahrzehnten kontinuierlich steigende Last an Nährstoffen in den Gewässern, das ungehinderte Aufkommen von Gehölzen an den Ufern und die mitunter intensive Freizeitnutzung von Gewässern führen dazu, dass geeignete Lebensräume für Pionierpflanzen wie das Froschkraut nur noch durch gezielte Pflegemaßnahmen bestehen können. Durch viel Laubeintrag in das Gewässer bildet sich oft eine Schlammauflage und großflächige offene Bereiche fehlen somit am Gewässerboden. Dies sind keine guten Wachstumsbedingungen für das Froschkraut. Die Pflegearbeiten umfassen deshalb in der Regel die Entfernung von Gehölzen am Gewässer und ein vorsichtiges Entschlammen mit dem Bagger.

Auch bei der Reaktivierung von bereits verschollenen Vorkommen kann eine Entschlammung der Gewässer sinnvoll sein. In den tiefer liegenden Schlammschichten und auf dem Gewässerboden können noch Samen vorhanden sein, die bei geeigneten Bedingungen auch nach Jahrzehnten noch die Kraft zum Keimen haben. Deshalb bedeutet ein Jahr ohne Nachweis nicht automatisch den Verlust des Vorkommens. Nichtsdestotrotz sollten in so einem Fall möglichst zeitnah Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Problematisch wird es vor allem dann, wenn negativ wirkende Prozesse wie eine Versauerung oder die Anreicherung von Nährstoffen im Gewässer bereits etabliert sind. Dann können auch regelmäßige Pflegearbeiten nicht erfolgreich sein.


Das Froschkraut im IP-LIFE-Projekt

Mit der Aufnahme als Fokus-Art in das EU geförderte Integrierte LIFE-Projekt „Atlantische Sandlandschaften“ bekamen die Schutz- und Wiederherstellungsmaßnahmen für das Froschkraut 2016 einen neuen Schub an finanziellen Mitteln und Möglichkeiten. Beim IP-LIFE-Projekt arbeiten NRW und Niedersachsen gemeinsam daran, die Bestandsituation ausgewählter typischer FFH- Lebensraumtypen und -Arten der atlantischen biogeographischen Region zu verbessern. In Niedersachsen wird das Projekt durch den NLWKN betreut (Projektleitung und Maßnahmendurchführung im Regionalen Naturschutz in Hannover unter Beteiligung von Experten aus dem landesweiten Naturschutz). Eine der beiden Projektsäulen umfasst die Umsetzung von konkreten Maßnahmen in der Fläche. Die Gewässer mit dem höchsten Handlungsbedarf für das Froschkraut wurden identifiziert und in das Projekt aufgenommen. Grundlage hierfür bildete die Kartierung aus 2018 und Hinweise auf erloschene Vorkommen.

Je weniger Laub, desto besser für das Froschkraut: Am Hunte-Altarm bei Wildeshausen (Landkreis Oldenburg) wurden direkt am Wasser stehende Bäume und Sträucher gefällt.   Bildrechte: Leonie Braasch
Je weniger Laub, desto besser für das Froschkraut: Am Hunte-Altarm bei Wildeshausen (Landkreis Oldenburg) wurden direkt am Wasser stehende Bäume und Sträucher gefällt.
Beim NABU Gut Sunder (Landkreis Celle) wird ein kleines Froschkraut-Gewässer zusammen mit dem Teichwirt der nahen Meißendorfer Teiche und unter ökologischer Maßnahmenbegleitung durch Ulrich Meyer-Spethmann entschlammt.   Bildrechte: Leonie Braasch
Beim NABU Gut Sunder (Landkreis Celle) wird ein kleines Froschkraut-Gewässer zusammen mit dem Teichwirt der nahen Meißendorfer Teiche und unter ökologischer Maßnahmenbegleitung durch Ulrich Meyer-Spethmann entschlammt.
Der Bagger entschlammt einen Graben mit Froschkraut-Vorkommen bei Hemsen (Landkreis Emsland) und schafft durch eine Aufweitung Flachwasserbereiche.   Bildrechte: Ulrich Meyer-Spethmann
Der Bagger entschlammt einen Graben mit Froschkraut-Vorkommen bei Hemsen (Landkreis Emsland) und schafft durch eine Aufweitung Flachwasserbereiche.

Hand in Hand zur Umsetzung

Bei der Maßnahmenplanung sind neben dem IP-LIFE-Team die unteren Naturschutzbehörden und weitere lokale Akteurinnen und Akteure beteiligt. Wer zudem nicht fehlen darf, ist der seit 2002 mit dem FFH-Monitoring beauftragte Luronium-Experte, der Diplom-Biologe Ulrich Meyer-Spethmann. Finanziert über IP LIFE übernimmt er nun auch die fachliche Maßnahmenbegleitung an den einzelnen Standorten. In verschiedenen Konstellationen konnten bereits neun prioritäre Wuchsorte vollständig oder in Teilen bearbeitet werden. Mit dem Erhalt und der Entwicklung nährstoffarmer Gewässerlebensräume wird gleichzeitig ein Beitrag zum Erhalt der generellen Artenvielfalt in Niedersachsen geleistet.


Konkrete Beispiele

So wurde zum Beispiel ein nährstoffarmer Altarm der Hunte mit noch kürzlich existierendem Froschkraut-Vorkommen im Landkreis Oldenburg in Kooperation mit dem ansässigen Wasser- und Bodenverband und dem Fischereiverein von Gehölzen freigestellt. Im Vorfeld wurde im Januar 2022 ein Infotreffen für Anwohnerinnen und Anwohner angeboten, um für Verständnis für die Fällungen zu Gunsten der streng geschützten Art zu werben. Die Entschlammung des Gewässerabschnitts mit einem Langarm-Bagger ist für den Herbst 2022 geplant.

An einem anderen Wuchsort im Landkreis Celle (Gut Sunder, betreut vom NABU) konnte in Zusammenarbeit mit dem Teichwirt der benachbarten Meißendorfer Teiche innerhalb von wenigen Stunden ein unkomplizierter Reaktivierungsversuch für den seit Jahren abnehmenden und 2021 erstmals erloschenen Froschkrautbestand unternommen werden. Unter Anleitung der fachlichen Maßnahmenbegleitung befreite der Teichwirt den kleinen Teich mit Traktor und Baggerschaufel von Vegetation und Schlamm. Das Material konnte im nahen Umfeld des Gewässers abgelegt werden.

So werden nun nach und nach die einzelnen Wuchsorte mit prioritärem Handlungsbedarf in Niedersachsen optimiert. Das nächste Monitoring wird dann zeigen, inwieweit die Maßnahmen erfolgreich waren.

Dieses flache Gewässer bei Hüntel (Landkreis Emsland) mit ehemaligem Froschkraut-Nachweis war vor der Maßnahme bereits sehr zugewachsen.   Bildrechte: Ulrich Meyer-Spethmann
Dieses flache Gewässer bei Hüntel (Landkreis Emsland) mit ehemaligem Froschkraut-Nachweis war vor der Maßnahme bereits sehr zugewachsen.
Durch Gehölzarbeiten und die Entschlammung desselben Gewässers im Oktober 2021 konnten die Bedingungen vor Ort deutlich verbessert .werden   Bildrechte: Ulrich Meyer-Spethmann
Durch Gehölzarbeiten und die Entschlammung desselben Gewässers im Oktober 2021 konnten die Bedingungen vor Ort deutlich verbessert werden.


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Hintergrundinformationen

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Infobox Froschkraut


Formen: Das Froschkraut bildet verschiedene spezialisierte Blattformen aus: Wasserblätter, Schwimmblätter und Landblätter.

Rückgang: Viele Vorkommen sind inzwischen leider erloschen. Ursachen sind vor allem Nährstoffeinträge und das Aufwachsen von Gehölzen am Gewässerrand.

Orte: Teiche, Gräben, Bachränder, Weiher oder Tümpel mit wenig Nährstoffen und wenig Gehölzen drum herum, dort kann sich das Froschkraut wohlfühlen.

Samen: Noch nach jahrzehntelanger Ruhe im Boden sind die kleinen hufeisenförmigen Samen keimungsfähig und können eine neue Pflanze hervorbringen.

Charakterart: Das Froschkraut kann in verschiedenen Vegetationseinheiten auftreten, überwiegend in Strandlingsrasen- und Zwergbinsen-Gesellschaften auf nährstoffarmen Teichböden (FFH-Lebensraumtypen 3110 und 3130).

Hauptverantwortung: Da die Art deutschlandweit vor allem noch im Nordwesten vorkommt, hat Niedersachsen eine besondere Verantwortung für das Froschkraut.

Konkurrenz: Mit starker Konkurrenz durch andere Arten kommt das Froschkraut nicht gut zurecht und verschwindet mit der Zeit. Dafür kann es neue freie Bereiche schnell als erstes besiedeln.

Reproduktion: Zwischen Mai und Oktober zeigt das Froschkraut seine Blütenpracht. Die meist einzelnstehenden dreizähligen Blüten habe grüne Kelchblätter, weiße Kronblätter mit gelbem Fleck an der Basis und sechs Staubblätter. Die sich aus den Fruchtblättern entwickelnden Einzelfrüchte sind länglich spindelförmig. Eine neue Pflanze entsteht über die keimenden Samen oder über Ausläufer.

Aktiv: Für den Erhalt der verbliebenen Bestände ist Einsatz gefordert: Die meisten Wuchsorte sind langfristig nur zu erhalten, wenn angepasste, kontinuierliche Pflegemaßnahmen erfolgen.

Ufer: Deutlich leichter zu entdecken als im tiefen Wasser ist das Froschkraut an abgetrockneten oder nur flach überstauten Uferbereichen. Da dies auch ein Lebensraum der Frösche ist, bekam die Art so wohl ihren Namen.

Trocken: Zeitweilig trockenfallende Uferbereiche bzw. ganze Gewässer sind kein Problem für das Froschkraut. Bei langfristig ausbleibenden Niederschlägen und dauerhaftem Trockenfallen verschwindet die Art aber rasch.

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