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FAQ zum Steinhuder Meer – Naturschutz

5. Was ist ein Naturschutzgebiet?

Ein Naturschutzgebiet (NSG) ist ein rechtsverbindlich durch Verordnung (VO) festgesetztes Gebiet, in dem Natur und Landschaft besonderen Schutz genießen. In den Naturschutzgebieten finden seltene oder sogar vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten letzte Rückzugsräume.

Abbildung 2: Vorläufige Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiet „Seefläche Steinhuder Meer“ und Rückzugsraum für Wasservögel im Landschaftsschutzgebiet (Region Hannover 2021).   Bildrechte: NLWKN
Abbildung 2: Vorläufige Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiet „Seefläche Steinhuder Meer“ und Rückzugsraum für Wasservögel im Landschaftsschutzgebiet (Region Hannover 2021).

6. Ist das Steinhuder Meer geschützt?

Das Steinhuder Meer dient mit seinen umliegenden Randbereichen vielen Vögeln als Rast- und Überwinterungsgebiet. Deshalb wurde dieser große See entsprechend dem Ramsar-Abkommen bereits 1976 zum „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ erklärt. Zudem gibt es dort rund 140 Brutvogelarten. Das Steinhuder Meer ist mittlerweile auch als FFH-Gebiet und EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen und ist somit Teil des europäischen Schutzgebiet-Netzwerks Natura 2000. Dieses ist ein EU-weites Netz von Schutzgebieten zur Erhaltung gefährdeter oder typischer Lebensräume und Arten. Es ist das größte grenzüberschreitende koordinierte Schutzgebietsnetz weltweit.

Bestandteile des FFH-Gebietes „Steinhuder Meer (mit Randbereichen)“ sind die folgenden Naturschutzgebiete, die auch weite Teile der Wasserfläche umfassen (Abbildung 2):
• Totes Moor (NSG HA 154)
• Westufer Steinhuder Meer (NSG HA 60).

Landeinwärts in Richtung Rehburg befindet sich ein weiteres Naturschutzgebiet ohne Anteile an der Seefläche:
• Meerbruchswiesen (NSG HA 190).

Im NSG „Totes Moor“ sind 188 ha (6,7 %) der Wasserfläche und im NSG „Westufer Steinhuder Meer“ 299 ha (10,8 %), insgesamt also 487 ha (17,3 %), für den Wassersport gesperrt.

Das NSG „Totes Moor“ ist mit 3.179 ha Fläche etwa genauso groß wie das Steinhuder Meer und das größte Naturschutzgebiet der Region Hannover. Es umfasst neben der östlichen Wasserfläche des Sees mit den Uferbereichen auch die Großenheidorner Wiesen und das namensgebende Tote Moor, mit ca. 2.300 ha das größte Hochmoor der Region Hannover. Hochmoore werden nicht wie Niedermoore von Grundwasser, sondern von Regenwasser gespeist. Deshalb ist das Wasser nährstoffarm sowie sehr sauer. An diese speziellen Verhältnisse haben sich einige Tier- und Pflanzenarten angepasst. Hierzu zählen z.B. auch Torfmoose, deren organische Bestandteile unter den genannten Bedingungen nicht zersetzt werden, sodass sich eine aufwachsende Torfschicht bildet.

In den Naturschutzgebieten „Meerbruchswiesen“ und „Totes Moor“ befinden sich kleinräumig oder aber flächenhaft auch Niedermoorbereiche. Niedermoore werden durch Grundwasser gespeist. Sie entstehen aus natürlich verlandenden Gewässern oder nassen Senken.

Das LSG H01 „Seefläche Steinhuder Meer“, welches 2305 ha umfasst (incl. Landanteile), wurde im Jahr 2020 überarbeitet. In diesem Teilbereich des Steinhuder Meeres werden durch ein zeitweiliges Befahrensverbot vom 15. September bis 30. Oktober 269 ha (9,7 %) der Wasserfläche aus Gründen des Wasservogelschutzes für das Befahren und Wassersport gesperrt (Region Hannover 2020).

7. Welche geschützten und seltenen Tierarten gibt es am Steinhuder Meer?

Fischadler
Der Fischadler (Pandion haliaetus) wird zu bis 62 cm lang und kann eine Flügelspannweite von bis zu 1,74 m aufweisen. Er ernährt sich hauptsächlich durch etwa 100 bis 300 g schwere Fische. Teilweise erbeuten die geschickten Jäger aber auch größere Exemplare. Der Fischadler überwintert hauptsächlich in Afrika, aber auch im Mittelmeerraum. Von März bis Mai suchen sie ihre Brut- und Sommergebiete auf. Bevorzugt werden große und nahrungsreiche Gebiete. Der Fischadler war über Jahrzehnte in Niedersachsen ausgestorben. Im Jahr 1991 siedelte sich das erste Mal wieder ein Brutpaar an. Schon 2005 brüteten vier Paare erfolgreich, sodass von da an das Artenschutzprojekt Fischadler ins Leben gerufen wurde. Die Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM) hat Nisthilfen gebaut, die prompt angenommen wurden. Weil der Fischadler gern einen Überblick hat, eignen sich hohe, kräftige Baumkronen aber auch Strommasten und künstliche Nisthilfen als Bauuntergrund für ihre Horste. Die Fischadler können auf einem ihrer Horste dank einer von der ÖSSM installierten Webcam per beobachtet werden.

Seeadler
Der Seeadler (Haliaetus albicilla) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,60 m zu den größten Greifvögeln Europas. Durch seine Lebensansprüche ist er als Bewohner von "Wald-Seen-Landschaften" an große Gewässer (Küsten, Seen und Flüsse) gebunden. Neben Fischen und Wasservögeln ernährt sich der Seeadler auch von Aas. Die Art wurde durch die menschliche Verfolgung und durch Vergiftung infolge des Einsatzes des mittlerweile verbotenen Insektizids DDT in Mittel- und Westeuropa fast ausgerottet. Durch intensive Schutzbemühungen seit Mitte der 1980er Jahre konnte sich der europäische Bestand mittlerweile deutlich erholen und seit 2000 brüten Seeadler auch wieder regelmäßig und erfolgreich in den westlichen Randbereichen des Steinhuder Meeres. Über ein festinstalliertes Fernrohr am Rundwanderweg bei Winzlar und via übers Internet ist das Brutgeschäft auf einem Horst der Seeadler seit 2014 sogar live erlebbar.

Moorente
Die sehr seltene Moorente (Aythya nyroca) ist eine kleine Tauchente und ein Brutvogel gemäßigter Breiten, die in West- und Mitteleuropa nur vereinzelt mit wenigen Brutpaaren brütet. Sie gehört zu den seltensten Brutvögeln Deutschlands. Mit dem Rückgang von naturnahen Gewässern mit breiter, ungestörter Uferzone und einer üppigen Unterwasservegetation als Nahrungsquelle als auch extensiv genutzte Teichanlagen, wie es sie zu früheren Zeiten in Ostdeutschland gab, ging auch ihr Bestand stark zurück. In Niedersachsen galt die Moorente seit den 1980er Jahren als Brutvogel ausgestorben. Seit dem Jahr 2012 gibt es das vom Land Niedersachsen initiierte und geförderte, vom Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) Niedersachsen, der Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen, sowie der ÖSSM betriebene Projekt „Wiederansiedlung der Moorente am Steinhuder Meer“, bei dem etwa 600 Moorenten am Steinhuder Meer ausgesetzt worden sind. Inzwischen wurden mehrfach Balzrituale und Jungtiere gesehen, sodass die Wiederansiedlung der kleinen Tauchente erfolgreich zu verlaufen scheint.

Flussseeschwalbe
Die Flussseeschwalbe (Sterna hirundo) brütet in weiten Teilen Eurasiens und Nordamerikas. Sie ist ein Langstreckenzieher und verbringt den Winter vor allem in West-Afrika. Als Nahrung bevorzugt sie kleine Oberflächenfische, Krebstiere, wasserlebende Insektenlarven, aber auch fliegende Insekten. Die Flussseeschwalbe erbeutet ihre Nahrung überwiegend durch das Stoßtauchen. Andernfalls wird die Nahrung aber auch von der Oberfläche aufgepickt. Letztmalig brüteten im Jahr 1964 Flussseeschwalben am Steinhuder Meer. Im Jahr 2014 wurden wieder Flussseeschwalben an Niedersachsens größtem See gesichtet. Die Vögel nutzen speziell für sie konzipierte Brutflöße, die in einem durch die Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer (ÖSSM) angelegtem Gewässer platziert wurden. Im darauffolgenden Jahr wurde ein weiteres größeres Floß auf dem nahe des Steinhuder Meeres gelegenen Gewässers gesetzt. Im Jahr 2017 wurden insgesamt etwa 22 Brutvögel auf den Flößen gesichtet. Auch die Flussseeschwalben sind bei der Brut- und der Aufzucht der Jungtiere zu beobachten.

Sumpfschildkröte
Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) war in Niedersachsen ausgestorben. Seit dem Jahr 2014 siedelt der NABU als eigenes Projekt wieder Sumpfschildkröten in den Meerbruchswiesen westlich des Steinhuder Meeres an. Zu dem Projekt gehören auch das Anlegen von Gewässern und die Pflege von Eiablagerungsstätten. Die Schildkröte bevorzugt flache Seen, ist jedoch auch an Land unterwegs. Aufgrund ihres Körperbaus können die Tiere ausschließlich im Wasser schlucken und somit nur dort ihre Nahrung (Pflanzen- und Kleinlebewesen wie z. B. Insekten, Würmer, Wasserschnecken und kleine Fische) zu sich nehmen. Insgesamt hat der NABU teilweise zusammen mit Unterstützung des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU) 260 Sumpfschildkröten ausgesetzt. Die Ansiedlung weiterer Sumpfschildkröten ist als Projekt bisher bis 2034 geplant (Region Hannover 2020).

Fischotter
Lutra lutra, so der wissenschaftliche Gattungsname, war ursprünglich in ganz Europa weit verbreitet. Vor allem durch die Trockenlegung von Feuchtgebieten und die Kanalisierung von Fließgewässern stand er im weiten Teil Europas vor dem Aussterben. Im Straßenverkehr überfahrene und in Fischreusen ertrunkene Otter dezimierten den Bestand zusätzlich. In den 1960er Jahren wurde der letzte Otter am Steinhuder Meer tot geborgen. Durch konsequenten Schutz des Otters und die Entwicklung der Gewässer und Auen breitet sich diese Art seit Ende der 1980er Jahre von Osten her landesweit wieder langsam aus. Im Mai des Jahres 2010 wurde erfreulicherweise ein Ottervorkommen am Ufer des Steinhuder Meeres durch Fotos von Fotofallen, Kotfunde und Fährten sicher belegt und auch in den Jahren danach immer wieder bestätigt. Auch Fotos von Fischottern, die Junge führen, wurden als Reproduktionsnachweis mittlerweile häufig von den Fotofallen aufgenommen. Die Zuwanderung erfolgte vermutlich aus Richtung Weser über den Steinhuder Meerbach. Der Fischotter ist gemäß der FFH-Richtlinie eine streng geschützte Tierart. Da die Tiere nachaktiv und extrem scheu sind, gelingt es jedoch kaum, sie in freier Wildbahn zu beobachten. Seit dem Nachweis der Fischotter darf die Reusenfischerei nur noch mit Geräten ausgeführt werden, die so ausgestattet sind, dass die Tiere nicht hineinschwimmen können (Otterkreuze) oder sich die Tiere aus den Reusen befreien können (Reißnaht) und somit nicht darin ertrinken (Region Hannover).

Europäischer Nerz
Der Europäische Nerz (Mustela lutreola), nicht zu verwechseln mit dem Amerikanischen Mink (Neovison vison), zählt zu den seltensten Säugetierarten der Welt und ist weltweit gemäß Einstufung durch die IUCN (International Union for Conservation of Nature) akut vom Aussterben bedroht. Aufgrund der guten Lebensraumeignung der Steinhuder Meer-Niederung und dem weiträumigen Fehlen des Minks, werden auf Initiative des Umweltministeriums seit 2010 Europäische Nerze am West- und Ostufer des Steinhuder Meeres ausgewildert. Der Ansiedlungsversuch wird wissenschaftlich intensiv begleitet. Alle freigelassenen Tiere sind mit Transponder und einige mit aktiven Sendern ausgestattet. Es wurde über das Wanderverhalten und die Revierbildung die Eignung der Uferstrukturen dieser Feuchtniederung als Lebensraum für diese Art bestätigt. Das Überleben der Kleinmarder, auch in strengen Wintern, sowie die erste erfolgreiche Reproduktion im Jahr 2015, wurden nachgewiesen. Telemetriedaten belegten, dass die Nerze sich sehr eng an Gewässerstrukturen orientieren und anfängliche Befürchtungen eines Zielkonflikts mit dem Wiesenvogelschutz grundlos sind.

Teichfledermaus
Die Teichfledermaus (Myotis dasycneme) nutzt in Niedersachsen gewässerreiche Gebiete in Küstennähe (Sommerquartiere und Wochenstuben in Gebäuden (Dachböden, Firstbereich, Hohlräume von Flachdächern) und Baumhöhlen bis zum Mittelgebirge (Winterquartiere in Höhlen, Stollen, Bunkern). Typische Jagdgebiete sind Seen mit größeren Wasserflächen, an Gewässer angrenzende Wiesen und entlang von Waldrändern. Die Jagd auf Insekten (Zuckmücken, Nachfalter, Köcherfliegen, Käfer) erfolgt in niedriger Höhe. Die Weibchen bilden ab April/Mai Wochenstubenkolonien mit bis zu 350 Tieren, auch die Männchen können größere Kolonien mit bis zu 60 Tieren bilden. Die Jagdgebiete sind bis zu 20 km von den Quartieren entfernt. Die nachtaktiven Fledermäuse sind quartierstreu und über Traditionen an die Lebensräume gebunden. Im Sommer werden häufig mehrere bekannte Quartiere im Wechsel genutzt. Sie können bis zu 20 Jahre alt werden. Die Art ist gemäß der FFH- Richtlinie Anhang II und IV geschützt (Region Hannover).

Karausche
Die Karausche (Carassius carassius) ist eine der am stärksten gefährdeten Fischarten Niedersachsens. Die Art ist im Rahmen der Niedersächsischen Strategie zum Arten- und Biotopschutz als Fischart mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen eingestuft worden. Die Karausche konnte in der Steinhuder Meer Niederung trotz gezielter Suche nicht mehr aufgefunden werden und ist offensichtlich hier ausgestorben. Alle von Anglern und Berufsfischern genannten Vorkommen waren nach genauer (genetischer) Untersuchung Reinbestände oder Hybriden des Giebels (Carassius gibelio). Aufgrund der guten Lebensraumeignung in den Meerbruchswiesen wurden 2011 und 2012 insgesamt 2.600 zweisömmerige Karauschen aus einem autochthonen (im Verbreitungsgebiet vorkommenden) Bestand (Weser-Aller-Leine Einzugsbereich) in 8 angelegten Kleingewässern im NSG Meerbruchswiesen außerhalb des Überschwemmungsbereiches ausgesetzt. Spätere Elektrobefischungen belegen die erfolgreiche Reproduktion der Karausche sowie eine gute Bestandsentwicklung in den offenbar gut geeigneten Kleingewässern (Brandt & Finch 2013).

8. Warum wird ein neues Naturschutzgebiet bzw. Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen?

Aufgrund der hohen Wertigkeit der Natur- und Landschaftsschutzgebiete am Steinhuder Meer ist bereits im Landschaftsrahmenplan von 1990 die Sicherung dieser Bereiche als Naturschutzgebiet vorgesehen. Angestoßen durch die EU, die den nicht ausreichenden Schutz der NATURA-2000 Gebiete bemängelt hat, erfolgt seit 2016 die entsprechende Sicherung über die Erweiterung der Naturschutzgebiete „Westufer Steinhuder Meer“ und „Totes Moor“ sowie der Überarbeitung des schon bestehenden Landschaftsschutzgebietes (LSG) H01 „Seefläche Steinhuder Meer“.

Ein Großteil der Wasserfläche des Steinhuder Meeres ist nun seit 2020 als Landschaftsschutzgebiet LSG H01 „Seefläche Steinhuder Meer“ ausgewiesen. Auch vorher waren die Flächen schon Bestandteil von Vorläuferschutzgebieten (seit 1939). Das Steinhuder Meer mit seinen Randbereichen ist ein Feuchtgebiet internationaler Bedeutung und fällt unter den Status eines Europäischen Vogelschutzgebietes. Das LSG als Teilkulisse des Vogelschutzgebietes 3521-401 „Steinhuder Meer“ (42) dient zahlreichen, an Feucht- bzw. Wasserlebensräume gebundenen Vogelarten als Nahrungs- und Rastgebiet.

Die Größe, Lage und naturschutzfachliche Wertigkeit des Gebietes macht das LSG zum national und bezüglich der Zugvögel auch zur international bedeutenden Kernfläche für den Biotopverbund, es dient damit auch dem genetischen Austausch und der Stabilisierung der Populationen wildlebender Tiere. Gleichzeitig weist das Gebiet mit seiner vielfältigen Flora und Fauna und seinen seltenen Landschaftselementen eine besondere Vielfalt, Eigenart und Schönheit auf, die auch eine große Bedeutung für die naturverträgliche, ruhige Erholungsnutzung haben. Dabei bleiben die bisher zulässigen Nutzungen des Gewässers auch weiterhin erhalten (Region Hannover 2020).

9. Kann ich die bisherigen Rad- und Wanderwege durch die Erweiterung der Naturschutz- bzw. das Landschaftsschutzgebiet weiter nutzen?

Die Erholungshauptwege sind auch weiterhin begehbar. Viele Besuchereinrichtungen (Wege, Stege, Aussichtstürme, Beobachtungsstände usw.) werden aktiv durch die Region errichtet und unterhalten und lassen Besucher gezielt die Natur erleben. Zum Schutz der sehr störungsempfindlichen Arten, wie etwa Seeadler und Kranich, sollen aber auch Flächen als Rückzugsgebiete für diese scheuen Tiere dienen. In diesen Bereichen ist das Naturschutzgebiet für die Öffentlichkeit gesperrt und Wege nicht betretbar (Region Hannover 2020).

10. Was ist mit den beliebten Veranstaltungen am Steinhuder Meer (Lichterfest, Meer in Flammen)? Können Sie auch nach der Erweiterung des Landschaftsschutzgebietes weiterhin stattfinden?

Ja, auf die Durchführung dieser Veranstaltungen hat die neue Landschaftsschutzgebietsverordnung keine Auswirkung. Sie stehen unter Erlaubnisvorbehalt (bisher musste durch den Veranstalter eine Befreiung sowie naturschutzrechtliche Erlaubnis beantragt werden) (Region Hannover 2020).

11. Warum wurden die wasserseitigen Grenzen der Naturschutzgebiete vergrößert?

Die Staatliche Vogelschutzwarte im NLWKN hat im Rahmen des Ausweisungsverfahrens eine Stellungnahme abgegeben, in der ein Erweiterungsvorschlag gemacht wurde. Dieser basiert auf Nutzungsmustern der wertbestimmenden Wasservogelarten und sieht eine Erweiterung der Naturschutzgebiete um seewärtige Flächen vor. Die Erweiterungsflächen nehmen die bedeutendsten Rastbereiche und -bestände von Wasservögeln des Steinhuder Meeres auf und sind damit von hervorgehobener Bedeutung für den Erhaltungszustand der Arten im Gebiet. Bei der Ausweisung der wasserseitigen Grenze des Naturschutzgebiets wurden neben den Artenschutzbelangen auch die Anregungen und Bedenken der anderen Nutzergruppen am Steinhuder Meer berücksichtigt (Region Hannover 2020).

12. Warum wird die wasserseitige Grenze nicht nur in der Brutzeit vergrößert?

Da die vielen verschiedenen Vogelarten jeweils unterschiedliche Brut- oder Rastzeiten haben, ist am Steinhuder Meer kein „vogelfreier“ Zeitraum vorhanden:

März/April
Zunächst wurden durch die Verkürzung des Winterbefahrensverbotes die Rastbedingungen für überwinternde und früh durchziehende Wasservögel um 10 Tage verschlechtert. Das kommt vor allem in Jahren mit langen Wintern zum Tragen. Das Winterfahrverbot endet nun am 19. März. Bis Mitte April sind dann aber noch mehrere tausend Wasservögel auf dem Steinhuder Meer präsent wie etwa Enten, Gänse und Zwergsäger. Durch die Einrichtung einer störungsfreien Wasserzone im Ost- und Westufer können die zu dieser Zeit beginnenden Störungen durch den Wassersport gemindert werden.

Mai/Juni
Von Mai bis Juni sind am Ost- und Westufer vor allem Brutvögel betroffen. Diese sind in der Regel weniger störungsanfällig. Aber durch den zunehmenden Schwund der Röhrichtvegetation im Wasser fehlen uneinsehbare Rückzugsräume. Seeseitige Störungen wirken dadurch erheblich weiter in das NSG/LSG hinein als noch vor 20 Jahren.

Juli/August
Sobald die flachen Uferbereiche frei fallen, werden diese durch zahlreiche Wasser- und Watvögel besiedelt. Hierbei handelt es sich neben mausernden Entenvögeln vor allem aber um See- und Fischadler, Silberreiher, Watvögel und Seeschwalben. Viele Vögel aus nördlichen und östlichen Brutgebieten rasten dann auf dem Weg in ihre Winterquartiere über Wochen am Steinhuder Meer. Diese Vögel (oft weit über 1.000 Individuen aus insgesamt bis zu 50 Arten) sind meist sehr störungsanfällig. Die Fluchtdistanz beträgt bei störungsempfindlichen Arten etwa 300 – 400 Meter.

September bis Februar
Ab Ende September rasten neben Enten und Gänsen diverse weitere Arten am Steinhuder Meer und benötigen hierzu ungestörte Bereiche. Diese Tiere verbleiben bis in den Spätwinter/Frühling des nächsten Jahres oder ziehen (zum Beispiel bei einer ausgedehnten Eisdecke) von hier aus an die Nordsee oder an das Mittelmeer weiter (Region Hannover 2020).

13. Welche Einschränkungen beim Wassersport bestehen durch die Naturschutzgebiete und das Landschaftsschutzgebiet und wieviel Wasserfläche steht dem Wassersport in der Saison weiterhin zur Verfügung?

Die Wasserfläche des Steinhuder Meeres ist 2767 ha groß. Im NSG HA 154 „Totes Moor“ sind 188 ha (6,8 %) und im NSG HA 60 „Westufer Steinhuder Meer“ sind 299 ha (10,8 %) der Wasserfläche, also insgesamt 487 ha (17,6 %), für den Wassersport gesperrt.

Im LSG H01 „Seefläche Steinhuder Meer“, welches 2305 ha umfasst (incl. Landanteile), werden durch ein zeitweiliges Befahrensverbot vom 15. September bis 30. Oktober 269 ha (9,7 %) der Wasserfläche gesperrt. So stehen etwa 80 bzw. 70 % der Wasserfläche für die Nutzung zur Verfügung (Region Hannover 2020).

Winterfahrverbot: Die Wasserfläche des Steinhuder Meeres darf in der Zeit vom 1.11. bis 19.3 gemäß § 19 (3) der Dümmer und Steinhuder Meer-Verordnung nicht befahren werden. Lediglich die Surfeinsatzstelle darf bis zum 15.11. noch von Surfenden genutzt werden. Der in der Abbildung 2 markierte Rückzugsraum darf aufgrund von Regelungen in der Verordnung zum LSG „Seefläche Steinhuder Meer“ zusätzlich vom 15.9. bis 19.3. nicht befahren werden.

14. Welchen Wassersport kann ich am Steinhuder Meer ausüben und wo?

Wassersportler und Wassersportlerinnen haben Mardorf zu einem beliebten Treffpunkt der Kite- und Segelsurfer-Szene gemacht.

Gemäß § 19 der Dümmer und Steinhuder Meer-Verordnung (DSTMVO) ist im Bereich der sogenannten Surfeinsatzstelle Mardorf das Kitesurfen auf einer durch Bojen gekennzeichneten Fläche von ca. 800 x 1000 m zugelassen. Das Gebiet ist für andere Nutzungen außer Kite- und Segelsurfen gesperrt. Die Nutzung ist nur im Zeitraum 20.3. bis 15.11. jeden Jahres zugelassen. Kitesurferinnen und Kitesurfer sind gegenüber Segelsurferinnen und Segelsurfern ausweichpflichtig. Kitesurfkurse und Kitesurfschulungen dürfen nur östlich des Hinweisschildes, das die Kite-Einsatzstelle kennzeichnet, ausgeübt werden. Außerhalb dieses Gebietes ist das Kitesurfen auf dem Steinhuder Meer aus Gründen der Gefahrenabwehr verboten.

Weitere Wassersportaktivitäten wie das Kanufahren und die neue Trendsportart „Stand-Up-Paddling“ können auf dem Steinhuder Meer ausgeübt werden. Bootsverleihe und Wassersportbetriebe, die Schulungen anbieten, sind in Mardorf, Neustadt a. Rbge. und in Steinhude anzutreffen.

15. Wird weiterhin Torf im Toten Moor abgebaut?

Die jetzige Torfgewinnung im Toten Moor ist Folge von Altgenehmigungen aus dem letzten Jahrhundert. Die beiden noch tätigen Torfabbaufirmen haben ein Recht zu diesem Abbau und üben diesen auch aus. Neue Abbaugenehmigungen werden nicht erteilt. Nach Beendigung des Torfabbaus erfolgt grundsätzlich eine Wiedervernässung mit einer Regeneration des Hochmoores. Die Region Hannover ist bestrebt im Rahmen der Klimaschutzmaßnahmen gemeinsam mit den Torfrechteinhabern Lösungen zu entwickeln, die den Torfabbau schnellst möglich beenden (Region Hannover 2020).

16. Was ist eine Schilfschutzzone?

Im Bereich des Nordufers befindet sich am Anfang aller Stege eine Schilfschutzzone (SSZ), die mindestens 10 m und je nach Lage bis ca. 30 m breit ist und den Zweck hat, das Ufer vor mechanischen Beeinträchtigungen und Eisgang zu schützen.

Erlaubnisse für Stegverlängerungen wegen der Schilfschutzzone werden kostenfrei erteilt. Grund hierfür ist, dass die Schilfschutzzone dauerhaft für die Natur erhalten bleiben soll. Oft ist eine größere Steglänge notwendig, weil sich keine Boote oder Pontons in der Schilfschutzzone befinden dürfen. Das Land schreibt in den Verträgen Stegtore vor, die landschaftsbildverträglich, d.h. möglichst sichtdurchlässig sein müssen.

Boote dürfen gemäß Dümmer und Steinhuder Meer-Verordnung (DSTMVO) nicht über die Ufer gezogen werden, um das Schilf nicht zu schädigen. Hierfür müssen Slipanlagen, Häfen o. ä. benutzt werden.

Die nicht bebauten Ufer des Steinhuder Meeres sind vielerorts von Schilfröhrichten bewachsen. Es wird unterschieden in Landschilf und Schilf, welches in der Flachwasserzone noch bis in 1 m Wassertiefe vorkommt (aquatisches Schilf). Dadurch, dass das aquatische Schilf von Wasser durchströmt wird hat es eine sehr hohe ökologische Bedeutung für die Fischwelt und Avifauna.

Seit 1973 bis heute wird ein deutlicher Rückgang der Schilfbestände am Steinhuder Meer beobachtet. Dieses Phänomen ist seit Jahrzehnten auch von anderen europäischen Seen bekannt. Durch eine von der Region Hannover beauftragte Untersuchung mit Luftbildauswertungen aus den Jahren 1978, 1993 und 2003 bis 2006 zeigte sich, dass offensichtlich in erster Linie aquatisches Röhricht vom Rückgang betroffen war und noch ist (z.B. im ehemaligen Naturschutzgebiet Wulveskuhlen vor Großenheidorn, das heute Teil des NSG Totes Moor ist). Das aquatische Schilf ist in einer Breite von ca. 70 m zurückgegangen, insgesamt sind mehr als 10.000 m² oder 20 % des aquatischen Schilfs nicht mehr vorhanden. Es gibt viele Gründe, die für diesen Rückgang verantwortlich sein können. Hierzu zählen u.a. ein Schilfpathogen in Form eines parasitären Pilzes, genetische Ursachen, die Eutrophierung des Wassers durch zu viele Nährstoffe und auch mechanische Probleme durch Algenwatten, Wellenschlag, Eisgang oder Stürme.

Als ein wesentlicher Schadfaktor, der im gesamten Ökosystem See und folglich auf alle aquatischen Röhrichte gleichsam wirken kann, wird die Stauregelung vieler Seen genannt. Durch die fehlende Wasserstandsdynamik wird die landseitige Verlandung durch Aufschlammung verstärkt. Potentielle Ansiedlungsflächen des wasserdurchströmten Schilfs gehen damit verloren. Die Erhöhung der Wasserstandsdynamik (z.B. durch das Einstellen von deutlich niedrigeren Wasserständen während der Sommerzeit) könnten die Vermehrung des Schilfs durch Aussamung verbessern. In den nächsten Jahren soll über Aufspülungen, Buhnenbau und Wiederansiedlungspflanzungen vorgezogener Schilfrhizome versucht werden, dem Schilfsterben entgegen zu wirken (Region Hannover 2020).

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