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Vorstellung des NLWKN-Jahresberichts: Lies warnt vor Folgen des Klimawandels in Niedersachsen

Klimafolgenforschung mit alarmierenden Ergebnissen // Lies fordert umgehendes Handeln für den Klimaschutz // NLWKN-Direktorin: Wir bauen Deiche jetzt einen entscheidenden Meter höher // Rolle der Moore beim Klima- und Naturschutz


Umweltminister Olaf Lies und NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer   Bildrechte: NLWKN
Gaben in Aurich gemeinsam einen Überblick über die aktuellen Themen des NLWKN: Umweltminister Olaf Lies und NLWKN-Direktorin Anne Rickmeyer.

Aurich/Norden - „Der Klimawandel bestimmt mittlerweile im NLWKN die Ausrichtung für zahlreiche Aufgaben des Landesbetriebs. Die Kolleginnen und Kollegen stehen in der ersten Reihe wenn es darum geht, unser Land resilienter gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen“, sagte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies heute (Dienstag, 29.06.2021) bei der Vorstellung des Jahresberichts des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in der NLWKN-Betriebsstelle Aurich. Anne Rickmeyer, Direktorin des NLWKN, betont: „Viele unserer Projekte und Vorhaben schützen das Land vor den Folgen der aktuellen und erwarteten zukünftigen Klimaveränderungen.“ Ob Küstenschutz, Schutz vor Hochwasser oder die Situation der Talsperren und des Grundwassers – für die Herausforderungen des Klimawandels ist eine fundierte Wissensbasis notwendig, um sinnvolle und effektive Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen planen zu können. In enger Zusammenarbeit mit der Klimaforschung bereitet der NLWKN wissenschaftliche Erkenntnisse für die Politik und die Öffentlichkeit auf. Ziel ist es, weiter für das Thema zu sensibilisieren und Vorsorgemaßnahmen anzuregen.

Klimawandel und die Folgen für die Wasserwirtschaft

Der Klimawandel und seine Folgen für die Wasserwirtschaft sind Gegenstand des Forschungsprojekts KliBiW (Globaler Klimawandel – Wasserwirtschaftliche Folgenabschätzung für das Binnenland), welches seit über einem Jahrzehnt vom NLWKN geleitet und koordiniert wird. Aktuell stellen die NLWKN-Experten ihre Ergebnisse der kürzlich abgeschlossenen Projektphase den politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung. „Diese zeigen unmissverständlich den akuten Handlungsbedarf“, betont der Niedersächsische Umweltminister. „Ohne konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Reduktion von Treibhausgasen nimmt das Ausmaß extremer Niederschläge deutlich zu“, ergänzt die NLWKN-Direktorin. Die Folgen wären laut den NLWKN-Experten unter anderem eine Verschärfung der Hochwasserverhältnisse in Ausmaß und Häufigkeit. Mit spürbaren Veränderungen rechnen die Fachleute regional bereits bis zur Mitte, landesweit bis zum Ende des Jahrhunderts. Entsprechend wird auch eine Zunahme von Hochwasserschäden erwartet.

Auf seiner Website stellt der NLWKN unter der Rubrik „Klimawandel kompakt“ das komplexe Thema leicht verständlich dar und ausgewählte Projektergebnisse vor (www.nlwkn.de/klimawandelkompakt). Dort können interessierte Kommunen, öffentliche Institutionen und alle, die das Thema der Öffentlichkeit näherbringen möchten, auch die mobile Ausstellung „KlimaEinFluss“, bestehend aus elf Rollbannern, kostenlos ausleihen.

In der aktuell angelaufenen neuen Projektphase von KliBiW werden die Entwicklungen der zukünftigen Grundwasserstände in den Fokus gerückt. Mit entsprechenden Ergebnissen ist voraussichtlich Ende nächsten Jahres zu rechnen.

Klimawandel und Küstenschutz: Ein entscheidender Meter mehr

Küstenschutz in Niedersachsen ist eine Daueraufgabe. Sie erfordert eine gemeinsame Kraftanstrengung des Landes Niedersachsen und der 22 Deichverbände. Einen zentralen Baustein der Küstenschutzstrategie Niedersachsens bildet die Anpassung an den Klimawandel. Bei der Konzeption von Küstenschutzanlagen wird auf Grund des jüngsten Berichts des Weltklimarates IPCC zum zukünftig zu erwartenden Meeresspiegelanstieg ein sogenanntes Vorsorgemaß von 100 Zentimetern statt wie bisher 50 Zentimeter berücksichtigt. Darüber hinaus ermöglicht der neue Niedersächsische Klimadeich mit einem optimierten Deichquerschnitt für den Fall ungünstiger Entwicklungen eine Deicherhöhung um einen weiteren Meter.

Im Jahr 2020 erstellte der NLWKN zudem in enger Abstimmung mit dem Land Bremen den "Generalplan Küstenschutz Niedersachsen/Bremen – Schutzdeiche". Nach den Generalplänen für die Festlandsküste und die Ostfriesischen Inseln handelt es sich dabei um den dritten Teil der Generalplanung Küstenschutz für insgesamt 598 Kilometer landeinwärts der Sperrwerke gelegene Deiche.

In dem schmalen Zeitfenster, das während des Sommerhalbjahrs für umfangreiche Küstenschutzmaßnahmen zur Verfügung steht, arbeitete der NLWKN unter anderem an der nachhaltigen Sicherstellung des Sturmflutschutzes im Westteil von Juist. Es handelt sich dabei um naturschutzfachlich besonders sensible Bereiche wie besonders geschützte Biotope und FFH-Lebensräume. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem und im nächsten Jahr ist das landeseigene Inselschutzvorhaben am Westdeich auf Norderney. Auch in die Erhöhung und Verstärkung des Heppenser Seedeiches in Trägerschaft des III. Oldenburgischen Deichbands und die Deichverstärkung zwischen der B73 und dem Burgbeckkanal in Trägerschaft des Deichverbands Kehdingen-Oste werden große Beträge investiert.

Insgesamt stehen 2021 dabei 61,6 Millionen Euro aus der Bund-Länder Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes für den Schutz der niedersächsischen Küste und Inseln zur Verfügung. 33,4 Millionen Euro fließen im Rahmen der gemeinsamen Bewältigung des Küstenschutzes in Vorhaben der Deichverbände. Für die vom NLWKN durchgeführten landeseigenen Vorhaben an der Festlandsküste sowie für übergreifende planerische Vorarbeiten stehen 20,5 Millionen Euro bereit, die unter anderem in den Neubau der Hadelner Kanalschleuse und in die Grundinstandsetzung des Illmenau-Sperrwerks investiert werden. Für Küstenschutzvorhaben des NLWKN auf den Ostfriesischen Inseln werden in diesem Jahr insgesamt rund 7,7 Millionen Euro investiert.

Beitrag von Mooren zum Klima- und Naturschutz wird häufig unterschätzt

38 Prozent der deutschen Moorfläche liegen in Niedersachsen. Damit ist Niedersachsen Deutschlands Moorland Nr. 1. Besondere Verantwortung trägt das Land für die Hochmoore, die zwei Drittel aller bundesdeutschen Hochmoore ausmachen. Die meisten sind durch land- und forstwirtschaftliche Nutzung sowie den Torfabbau über viele Jahrzehnte stark dezimiert und entwässert worden. Jedes Jahr entweichen daher etwa 10,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente allein in Niedersachsen aus Moorflächen. Das entspricht rund elf Prozent der gesamten niedersächsischen Treibhausgasbilanz. Damit verursachen diese Flächen einen maßgeblichen Beitrag zum Klimawandel. Die Moore wieder zu vernässen beziehungsweise zu optimieren, ist daher eine der vordringlichen Aufgaben des NLWKN.

Zu den aktuellen Moorentwicklungsprojekten des NLWKN gehören u. a. die Hannoversche Moorgeest im Norden von Hannover und das KliMo-Projekt („Klimaschutz durch Moorentwicklung“) in der Südheide.

Die Hannoversche Moorgeest umfasst die vier Hochmoore Bissendorfer, Otternhagener, Helstorfer und Schwarzes Moor auf insgesamt 2.243 Hektar. Das Quartett gehört, trotz Entwässerung, zu den Top-Hochmooren in Niedersachsen, da das typische Arteninventar noch weitgehend vorhanden ist. Seit Ende 2012 läuft das Flurbereinigungsverfahren mit etwa 900 Grundeigentümern und über 2.200 Flurstücken. Derzeit sind bereits 87 Prozent der Flächen in der Verfügbarkeit des NLWKN beziehungsweise der öffentlichen Hand. Die noch ausstehenden Verhandlungen sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden. Die Gesamtkosten betragen 14,8 Millionen Euro.

Bei dem KliMo-Projekt in der Südheide werden in Kooperation mit den Niedersächsischen Landesforsten und dem Landkreis Gifhorn in den beiden Projektgebieten „Großes Moor“ und „Jafelbach“ bis zu 630 Hektar Moor wiedervernässt. Das Projekt läuft noch bis Ende 2022 und wird mit rund drei Millionen Euro gefördert.

Neben den klassischen Vernässungs- und Optimierungsmaßnahmen zum Wasserrückhalt in den Mooren ist der NLWKN auch an der Erforschung von alternativen, klimaschonenden Bewirtschaftungsmethoden von Moorböden beteiligt, wie der Paludikultur.

Emssperrwerk als Schlickbremse – Test zeigt, es kann funktionieren

An der Ems arbeitet der NLWKN am zentralen Ziel des Masterplans: eine Lösung des Schlickproblems unter Wahrung der wirtschaftlichen Interessen. Dies soll unter anderem mithilfe des Emssperrwerks über eine flexible Steuerung der in den Fluss hineinwirkenden Tiden der Nordsee erreicht werden. Dabei werden die Tore des Sperrwerks zeitweise geschlossen, damit der stark einlaufende Flutstrom abgeschwächt und wieder in ein Gleichgewicht zum Ebbstrom gebracht werden kann. Im Sommer 2020 lief dazu ein achtwöchiger Test mit dem Ziel, verschiedene Torsteuerungsvarianten mit dem Sperrwerk zu erproben sowie praktische Erkenntnisse über Auswirkungen der flexiblen Tidesteuerung zu gewinnen.

Die dabei gesammelten umfangreichen Daten werden bis zum Sommer 2021 durch Fachleute des NLWKN und der weiteren beteiligten Institutionen - die Bundesanstalten für Wasserbau und Gewässerkunde, das WSA Ems-Nordsee und NPorts - ausgewertet und analysiert.

Ein wesentliches Ziel des Technischen Tests war die Erprobung der Gebrauchstauglichkeit des Emssperrwerks für diese neue Aufgabe. Es hat sich gezeigt, dass das Emssperrwerk statisch und technisch in der Lage ist, beide Steuerungsvarianten zu bewältigen. Mit der Hafenwirtschaft, den Schifffahrtstreibenden und den Entwässerungsverbänden sowie weiteren Beteiligten werden aktuell die Erfahrungen aus dem Test diskutiert und die notwendigen Schlussfolgerungen gezogen. Für die Problemstellungen im Emder Hafen durch die geringeren Wasserstände werden Lösungen gesucht; ein entsprechendes Gutachten ist bereits vergeben worden.

Auch aus Perspektive der Gewässergüte war der technische Test ein Erfolg: Durch die Eingriffe konnte zeitweise eine deutliche Absenkung der Schwebstoffgehalte erreicht werden, die insbesondere im obersten Abschnitt der Tideems auch mit bloßem Auge sichtbar war. Damit verbunden stellte sich im Testzeitraum eine signifikante Verbesserung der Sauerstoffsituation ein.

Hintergrundinformation:

Zum zweiten Mal erscheint der NLWKN-Jahresbericht ausschließlich digital auf der Website des Landesbetriebs. Neben einem Rückblick auf das vergangene Jahr 2020, gibt der Bericht auch einen Eindruck von den Aktivitäten des Landesbetriebs im laufenden Jahr 2021. Über konkrete Projekte im Hochwasser-, Küsten-, Natur- und Strahlenschutz hinaus verdeutlicht der Bericht die Grundlagenarbeit des NLWKN: Wasserwirtschaftliche Gefahrenpotenziale identifizieren, langfristige Planungsvorlagen erarbeiten, Beratungsleistungen anbieten sowie Daten zusammenstellen, aufbereiten und zur Verfügung stellen. Seit 2005 sind die Wasserwirtschafts- und Naturschutzverwaltung in Niedersachsen unter dem Dach des Landesbetriebs vereint. Der NLWKN fungiert als Fachbehörde des Landes für die beiden Fachgebiete sowie im Strahlenschutz.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
29.06.2021

Ansprechpartner/in:
NLWKN Pressestelle

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76a / Am Sportplatz 23
30453 Hannover / 26506 Norden
Tel: +49 (0)511 3034-3322 sowie +49 (0)4931/ 947 -173 und +49 (0)4931/ 947 -181
Fax: +49 (0)4931/947 - 222

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