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Erprobung von umweltverträglichen Antifoulinganstrichen auf Küstenschiffen

Aufgrund der hohen Belastung der niedersächsischen Küstengewässer mit Organozinnverbindungen wurde im Frühjahr 1998 ein Projekt zur Erprobung biozidfreier Antifoulinganstriche gestartet, welches bis zum Frühjahr 2000 andauerte. Auf sieben an der niedersächsischen Küste operierenden Schiffen, wurden erstmals im Frühjahr 1998 Teststreifen appliziert oder die Rümpfe komplett mit biozidfreien Anstrichen versehen.

Die ausgewählten Schiffe stellten nach Schiffstyp und Operationsgebiet eine repräsentative Auswahl dar. Mit der "W5" und der "W8" nahmen zwei Fahrzeuge der niedersächsischen Wasserschutzpolizei an den Versuchen teil. Die "W5" patrouilliert in der Deutschen Bucht auch außerhalb des Wattenmeeres, die "W8" hat ihr Operationsgebiet im Ems-Ästuar. Mit der "Wappen von Borkum" (AG Ems) und der "Frisia X" (AG Reederei Norden Frisia) wurden zwei Personenfähren eingesetzt, die im Ausflugsverkehr zwischen den Inseln verkehren. Die "Buise" ist ein Forschungsschiff des NLWKN. Es operiert im gesamten niedersächsischen Wattenmeer. Schließlich waren mit der "Land Wursten" und der "Neptun" zwei Fischkutter aus Wremen, die in der Wesermündung und vor der nordfriesischen Küste fischen, am Projekt beteiligt.

Die Rümpfe von "Frisia X", "W8" und "Neptun" waren komplett beschichtet worden, die anderen Schiffe mit vier bis acht Teststreifen. Die "Buise" wurde nach dem ersten Versuchsjahr komplett bis auf den Stahl entschichtet und neu mit Teststreifen versehen. Hierbei konnten Erfahrungen zur Entschichtung und Neuapplikation biozidfreier Systeme gesammelt werden.

MS Buise der FSK

Insgesamt elf Farbhersteller stellten im Untersuchungszeitraum Versuchsmuster zur Verfügung. Hierbei handelte es sich 1998 um sechs Silikonbeschichtungen, zwei selbstpolierende Anstriche, einen reinigungsfähigen Hartanstrich mit Antihaftwirkung und eine Korrosionsschutz-Beschichtung. Als Referenz dienten konventionelle Antifoulingfarben. Im zweiten Versuchsjahr nahmen alle sechs Silikonbeschichtungen und der Korrosionsschutz-Anstrich weiter an den Versuchen teil und wurden auf ihre Wirksamkeit und Haltbarkeit im zweiten Jahr untersucht. Hinzu kamen vier Antihaftbeschichtungen auf Teflonbasis, zwei hydrovisköse Antihaftbeschichtungen, drei weitere selbstpolierende Systeme und erstmalig eine Mikrofaser-Beschichtung.

Die Beprobungen erfolgten alle zwei Monate, wobei folgende Kriterien erfasst wurden:

  • Zusammensetzung und Entwicklung des Bewuchses

  • Bedeckungsgrad der Bewuchsgruppen

  • Gewicht des Gesamtbewuchses

  • Haftung der Seepocken

  • Zustand der Beschichtung

Alle eingesetzten Silikonbeschichtungen zeigten eine ausreichende bis gute Effektivität. Drei waren in ihrer Wirksamkeit hinsichtlich des Bewuchsgrades mit Seepocken mit konventionellen Antifoulinganstrichen vergleichbar. Nach dem Larvenfall der Seepocken im Frühjahr konnten sich zunächst junge Seepocken ansiedeln, die aber keine ausreichende Haftung erreichten und somit größtenteils durch die Anströmung während der Fahrt entfernt wurden. Dabei erzielten diese Beschichtungen bei den schneller fahrenden Schiffen "W5" und "Wappen von Borkum" eine bessere Wirkung als auf den Fahrzeugen mit niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeiten. Der verbliebene Bewuchs konnte im Dock von allen Silikonbeschichtungen mit geringem Aufwand (Bürste oder Schwamm plus Einsatz eines Wasserdrucks von 1 bar) fast vollständig entfernt werden.

Vier der sechs getesteten Silikone behielten ihre volle Wirksamkeit über zwei Jahre. Der Bedeckungsgrad mit Makrofouling war im Spätsommer der Jahre 1998 und 1999 nahezu gleich. Effektivität und Beständigkeit der Silikonbeschichtungen hingen stark mit der Qualität der Applikation zusammen. Die Silikonbeschichtungen erwiesen sich gegenüber mechanischen Einwirkungen als sehr strapazierfähig. Die Entschichtung einer Silikonbeschichtung mittels Hydroblasting (2500 bar) konnte problemlos durchgeführt werden. Die anschließend applizierten Anstriche wiesen keine Haftungsprobleme auf. Antihaftbeschichtungen auf Teflonbasis und hydrovisköse Antihaftbeschichtungen zeigten keine ausreichende Wirkung in den marinen Gewässern.

Von den selbstpolierenden Beschichtungen erwiesen sich die Anstriche eines Herstellers als aussichtsreich, zeigten aber eine heterogene Effektivität. Dieser Anstrich muss jedes Jahr erneuert werden. Die reinigungsfähige Hartbeschichtung erwies sich als nicht geeignet.

Der Korrosionsschutz des im Brackwasserbereich fahrenden Schiffes "W8" wies nach zwei Jahren nur einen minimalen Bewuchs aus Makro- und Mikroalgen auf, der problemlos entfernt werden konnte. Es besteht offensichtlich die Möglichkeit, in Spezialfällen mit permanentem Wechsel zwischen Salz- und Seewasser, hohem Aktivitätsgrad und hoher Geschwindigkeit, auf eine Antifouling zu verzichten und nur eine Epoxybeschichtungen einzusetzen.

Die erst in Phase II untersuchte Mikrofaser-Beschichtung erzielte auf der "Buise" einen besseren Bewuchsschutz als alle anderen Beschichtungen, die auf dem Schiff getestet wurden.

Generell ist das Projekt bei Schiffseignern und Farbindustrie auf großes Interesse gestoßen und hat ein weiteres Engagement gefördert. Alle beteiligten Reedereien und Farbfirmen nehmen auch an einem im Oktober 1999 begonnenen Anschlussprojekt teil. Dadurch können weitere Erkenntnisse über die vielversprechenden Produkte über ihre Langzeitwirkung und Standzeit gewonnen werden. Zusätzlich nehmen an den Versuchen auch küstenfern operierende Großschiffe teil, die z.T. weltweit operieren (Containerschiffe, Tanker, Marine, Kreuzfahrtschiffe). Dadurch wird die Wirksamkeit der ungiftigen Produkte auch in anderen Fahrtgebieten getestet. Weiterhin werden auch neue Entwicklungen in die Tests einbezogen.

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