NLWKN Niedersachsen klar Logo

Der Voslapper Groden zwischen Naturschutz und Wirtschaftsentwicklung

Konkurrierende Planungsziele auf ein und derselben Fläche: Wie kann dieser Gegensatz gelöst werden?


Die durch Landgewinnungsmaßnehmen in den 1970er Jahren entstandenen Flächen sind als EU-Vogelschutzgebiet gesichert.   Bildrechte: Hans-Jürgen Zietz
Die durch Landgewinnungsmaßnehmen in den 1970er Jahren entstandenen Flächen sind als EU-Vogelschutzgebiet gesichert.

Von Christian Maasland

Auf Flächen, die eigentlich für die wirtschaftliche Nutzung vorgesehen sind, haben sich hochwertige und schützenswerte Habitate entwickelt. Um nunmehr die Voraussetzungen zu schaffen, die Flächen für eine wirtschaftliche Nutzung tatsächlich zur Verfügung zu stellen, sind hohe naturschutzfachliche Anforderungen zu berücksichtigen.

Blickrichtung Nord auf den Voslapper Groden   Bildrechte: Container Terminal Wilhelmshaven JadeWeserPort-Marketing GmbH & Co. KG
Blickrichtung Nord auf den Voslapper Groden

Der Voslapper Groden (an der Nordseeküste bei Wilhelmshaven) ist durch eine Landgewinnungsmaßnahme in den 1970er Jahren entstanden. Durch Eindeichung des Voslapper Wattes und Aufspülung mit Seesand sollten Landflächen mit dem Ziel der Ansiedelung von hafenorientierten wirtschaftlichen Nutzungen geschaffen werden. Die Vermarktung blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück, so dass sich auf größeren Teilflächen des Voslapper Grodens in überwiegend freier Sukzession hochwertige Lebensräume entwickelt haben.

Landschaftsprägend sind heute flächige Schilfröhrichte, sumpfige Bereiche, offene Kleingewässer und insbesondere durch Weiden dominierte Gebüschgesellschaften, mit Übergängen zu Waldstandorten. Der Voslapper Groden ist für Vogelarten aufgrund ausgedehnter durchfluteter Röhrichte eines der wichtigsten Brut-, Durchzugs- und Überwinterungsgebiete in Niedersachsen und aus diesem Grunde im Jahr 2006 als zwei getrennte Europäische Vogelschutzgebiete (Voslapper Groden-Nord und Voslapper Groden-Süd) ausgewiesen worden. Ebenso im Jahr 2006 ist die nationale Sicherung durch zwei Naturschutzgebiete erfolgt.

Wertbestimmend sind die Arten Rohrdommel (Botaurus stellaris), Tüpfelsumpfhuhn (Porzana porzana), Blaukehlchen (Luscinia svecica), Rohrschwirl (Locustella luscinioides), Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) sowie Wasserralle (Rallus aquaticus). Für diese Arten sind die Schutzgebiete hinsichtlich der notwendigen Habitatbedingungen zu erhalten und zu entwickeln. Beide Schutzgebiete umfassen zusammen eine Fläche von ca. 650 ha.

Die aufgespülten Flächen haben sich zu wertvollen Lebensräumen entwickelt.   Bildrechte: Hans-Jürgen Zietz
Die aufgespülten Flächen haben sich zu wertvollen Lebensräumen entwickelt.
Landschaftsprägend sind u. a. Schilfröhrichte und sumpfige Bereiche.   Bildrechte: Hans-Jürgen Zietz
Landschaftsprägend sind u. a. Schilfröhrichte und sumpfige Bereiche.

Zielkonflikt und Lösungsansatz

Durch die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte wird deutlich, dass die Flächen des Voslapper Grodens durch unterschiedliche Zielvorstellungen geprägt sind. Zum einem durch das Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung (ursprüngliches Ziel der Landgewinnung) und zum anderen durch die entstandenen hohen Wertigkeiten, die zur Unterschutzstellung geführt haben. Dies drückt sich auch durch die Festlegungen im Landes-Raumordnungsprogramm aus. Der Voslapper Groden ist durch die Doppeldarstellung der Ziele „Vorranggebiet Natura 2000“ und gleichzeitig „Vorranggebiet hafenorientierte wirtschaftliche Nutzungen“ gekennzeichnet. Diese gegensätzlichen gleichrangigen Ziele verdeutlichen den zu lösenden Konflikt.

Um die Voraussetzung für eine wirtschaftliche Nutzung des Voslapper Grodens zu schaffen, sind die naturschutzrechtlichen Anforderungen zwingend zu beachten. Ausgehend davon, dass eine direkte Flächeninanspruchnahme zu einer erheblichen Beeinträchtigung der EU-Vogelschutzgebiete führen wird, ist eine Genehmigung nur durch eine Ausnahme möglich. Gemäß § 34 (5) BNatSchG sind dann Ausgleichsmaßnahmen zu planen und umzusetzen.

Im Kontext des europäischen Gebietsschutzes sind sog. Kohärenzsicherungsmaßnahmen zur Sicherung des Zusammenhanges des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 vorzusehen. Kohärenzsicherungsmaßnahmen sind dabei grundsätzlich ökologische Maßnahmen, d. h. die beeinträchtigten Strukturen und Funktionen müssen an anderer Stelle funktionsidentisch wiederhergestellt werden. Die Funktionsfähigkeit muss zum Zeitpunkt der Beanspruchung des überplanten Gebietes gegeben sein. Insbesondere bei seltenen Arten und/oder Biotopen mit einer langen Entwicklungsdauer (beides ist hier der Fall), ist die Dauer bis zur Funktionsfähigkeit der Ausgleichsmaßnahmen ein gewichtiger Planungsfaktor.

Das Land Niedersachsen verfolgt aus diesem Grunde den Ansatz einer frühzeitigen Ermittlung und möglichst vorgezogenen Herstellung sowie Entwicklung von Gebieten zur Kohärenzsicherung. Für den Voslapper Groden-Süd nimmt der NLWKN in Oldenburg diese Aufgabe einerseits fachbehördlich (Naturschutz) wahr, andererseits übernimmt er Aufgaben und Leistungen gemäß NLWKN-Betriebsanweisung für das Land Niedersachsen (MW, MU).


Umsetzungsschritte in der Übersicht

Das nachfolgende Schaubild skizziert die Umsetzungsschritte anhand von vier Bearbeitungsphasen, die inhaltlich und zeitlich aufeinander aufbauen. Deutlich wird, dass die Aufgaben von der Grundlagenermittlung bis zur Erfolgskontrolle und Bilanzierung von umgesetzten Maßnahmen in der Hand des NLWKN liegen und damit übergeordnet koordiniert und umgesetzt werden können. Der große Vorteil liegt dabei auch in der Möglichkeit der übergeordneten Qualitäts- und Funktionskontrolle, von der letztendlich der Gesamterfolg des vorgezogenen Ausgleichkonzeptes abhängig ist. Nur dann sind die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Nutzung des Voslapper Grodens gegeben.

  Bildrechte: NLWKN
zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln