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Verordnungstext zum Naturschutzgebiet "Hochmoor und Grünland am Heiddeich"

(NSG WE 248)


Verordnung vom 05.07.2006 über das Naturschutzgebiet "Hochmoor und Grünland am Heiddeich" in der Gemeinde Rastede, Landkreis Ammerland

Aufgrund der §§ 24, 29 und 30 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes (NNatG) vom 11. April 1997 (Nds. GVBl. S. 155, 267) in der zur Zeit geltenden Fassung hat der Kreistag des Landkreises Ammerland in seiner Sitzung am 05.07.2006 folgende Verordnung beschlossen:

§ 1 Naturschutzgebiet

(1) Das in § 2 festgelegte Gebiet in der Gemeinde Rastede, Landkreis Ammerland, wird zum Naturschutzgebiet "Hochmoor und Grünland am Heiddeich" erklärt.

(2) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von ca. 53 ha.

§ 2 Geltungsbereich

Die Grenzen des Schutzgebietes sind in einer mitveröffentlichten Karte im Maßstab 1 : 5000 durch schwarze Linien dargestellt. Die Außenkante der das Schutzgebiet kennzeichnenden schwarzen Linien gilt als Grenze des Schutzgebietes. Die Karte ist Bestandteil der Verordnung.

§ 3 Schutzzweck und Charakter

(1) Schutzzweck

Zweck der Unterschutzstellung ist die Erhaltung und Entwicklung der moortypischen Lebensgemeinschaften und der angrenzenden Grünlandflächen als Lebensraum schutzbedürftiger Pflanzen- und Tierarten, der Bodenstrukturen und Wasserverhältnisse sowie die Sicherung der kulturhistorisch bedeutenden Elemente für die Wissenschaft, Natur- und Heimatkunde.

Eine besondere Bedeutung kommt der Sicherung des Wasserhaushaltes und dem Torfaufbau der Randmoore am Geestabfall, die sich teilweise über Flussablagerungen der Weser gebildet haben, zu. Das Moor ist bis über 3,00 Meter mächtig und hat eine gut ausgeprägte Weißtorfschicht. Ein intensiver Torfabbau hat hier niemals stattgefunden, da das Moor immer sehr nass war.

In dem Bereich zwischen Schanze und dem Heiddeich ist nach früheren zum Teil oberflächlichem Torfabbau jegliche Nutzung seit Jahrzehnten aufgegeben. Danach entstand unter einem lichten Birken- und Kiefernbewuchs erneut eine typische Hochmoorvegetation.

Diese reichstrukturierte Landschaft bietet für die Zukunft vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten, z. B. die Erhöhung der Wasserstände im Bereich der naturnahen Hochmoorvegetation und Herausnahme der Moorbirken an ausgewählten Standorten.

(2) Charakter

Das Naturschutzgebiet "Moorflächen und Grünland am Heiddeich" befindet sich naturräumlich innerhalb der Wesermarschen im Delfshausen- Ipwegermoor und bildet hier einen gut ausgeprägten Komplex aus Moorbirkenwald, Gagelgebüsch der Sümpfe und Moore und der Hoch- und Übergangsmoore mit feuchtem Pfeifengras-Moorstadium, Wollgras-Torfmoos-Schwingrasen, feuchtem Glockenheide-Moorstadium sowie unterschiedlich genutzten Grünlandflächen.

Alle höheren Pflanzen einer typischen Hochmoorvegetation sind vorhanden: Rosmarinheide (Andromeda polifolia), Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium), Rundblättriger Sonnentau (Drosera rotundifolia), Weiße Schnabelbinse (Rhynchospora alba), Gemeine Moosbeere (Oxycoccus palustris), Schwarze Krähenbeere (Empetrum nigrum) sowie Heidekraut (Calluna vulgaris), Glockenheide (Erica tetralix) und Gagelstrauch (Myrica gale).

Eine Vielzahl an Torfmoosarten wie Sphagnum palustris, Sphagnum papillosum, Sphagnum squarosum, Sphagnum fallax, Sphagnum magellanicum und Sphagnum rubellum konnten erfasst werden.

Von ebenso großer Bedeutung sind die angrenzenden unterschiedlich stark genutzten Grünlandflächen und Grünlandbrachen mit z. T. Magerzeiger wie Wiesensegge (Carex nigra), Ruchgras (Anthoxanthum odoratum), Rotschwingel (Festuca rubra), Honiggräser (Holcus lanatus und Holcus mollis), Sumpfkratzdistel (Cirsium palustre), Kuckuckslichtnelke (Siline flos-cuculi) sowie Arten der feuchten Hochstaudenfluren wie Mädesüß (Filipendula ulmaria), Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris), Sumpf-Schafgarbe (Achillea ptarmica).

Die Hochmoorflächen gehören nach der naturschutzfachlichen Bewertung der Hochmoore in Niedersachsen zu den Flächen mit besonderer Bedeutung für den Naturschutz. Diese Bedeutung ergibt sich in erster Linie aufgrund der landesweit wertvollen Lebensräume, der besonders geschützten Biotope und des vorhandenen Moorkörpers.

Das Hochmoor und seine Entstehungsgeschichte ist von besonderer Bedeutung. Zum Teil sind die Schichten im Schutzgebiet bis zu 3 m mächtig.

Moore gehören zu den hydromorphen, organischen Böden und sind über Jahrtausende unter Nährstoffarmut, bei niedrigem PH- Wert ausschließlich von Regenwasser gespeist, entstanden.

Durch hohe Grundwasserstände bildeten sich im Untergrund über Wesersedimenten an einigen Stellen Niedermoore. Aufgrund der schwierigen Wasserverhältnisse am Geestrand, entstanden durch das abfließende Wasser vom Rasteder Geestrand im Westen und der hohen Wasserstände der Wesermarschen im Osten sowie hoher Niederschläge später das Hochmoor. Das Gebiet ist durch ein typisches Bodenprofil gekennzeichnet. Schwach zersetzter Weißtorf über stärker zersetztem Schwarztorf, örtlich unterlagert von stark zersetztem Niedermoortorf. Derartige Hochmoorprofile sind stark gefährdet und nur noch in geringer Ausprägung vorhanden. Eine Wiederherstellung derartiger Hochmoore ist unter den heutigen Umweltbedingungen kaum möglich. Deshalb kommt dem Hochmoorschutz eine wichtige Bedeutung zu.

Der Heiddeich, der ehemals die Siedler der Wesermarsch vor dem herabfließenden Oberflächenwasser der Geest schützen sollte, hat als Zeuge der damaligen Wasserregulierung einen besonderen Wert. Die Wassernöte zwischen Geest und Marsch sind durch die Kolonialisierung der Hochmoore entstanden, weil die Hochmoore aufgrund der Handtorfstiche ihre Wasseraufnahmekapazität verloren hatten und das anfallende Oberflächenwasser nicht mehr in dem notwendigen Maße aufnehmen konnten. Es kam zu Überflutungen am Rand zwischen Geest und Wesermarsch. Auch der Heiddeich konnte nicht alles Wasser aufhalten.

Bis Mitte des 19. Jahrhundert gab es die Schwierigkeiten mit dem Oberflächenwasser. Besonders zur Schneeschmelze und nach starken Regenfällen führte das in Mengen herabfließende Wasser der Geest zu wirtschaftlichen Schäden auf den besiedelten Flächen. Erst der Bau des Geestrandkanals 1950 regulierte den Abfluss des Oberflächenwassers.

Schwierige Wasserverhältnisse sind bis heute in der Region zwischen Rasteder Geestrand und Delfshausen – Ipwegermoor vorhanden. Herabfließendes Wasser der Geest im Westen, zurückgehalten durch den Heiddeich und hohe Grundwasserstände der Marsch im Osten treffen aufeinander, wobei der Heiddeich als Wasserscheide anzusehen ist.

Der menschliche Einfluss in diesem Gebiet war aufgrund der ungünstigen Wasserverhältnisse gering. Landwirtschaftliche Nutzung war und ist nur unter Einschränkung möglich.

Das Schutzgebiet wird im Süden von dem ehemaligen Bahnkörper der Strecke Oldenburg – Brake, begrenzt.

Die genannten kulturhistorischen Elemente sind als Zeuge der Kultivierung, die die heimatgeschichtliche Entwicklung in dieser Moorlandschaft anschaulich machen, von hohem kulturellen Wert.

Die Schönheit dieser Landschaft beruht auf der harmonischen Mannigfaltigkeit der unterschiedlichen Landschaftselemente wie weiträumige Grünlandflächen, naturnahe Hochmoorvegetation, Moor- Birkenwald, Grünlandbrachen mit vielfältigen Blühaspekten und linearen Gehölzbeständen.

Die vorhandenen Vegetationsbestände mit den besonderen Boden- und Wasserverhältnissen haben für die Wissenschaft zur ökologischen Forschung und zur Ausbildung von Fachpersonal in den wissenschaftlichen Disziplinen wie Vegetationskunde, Geologie, Botanik und Zoologie usw. eine besondere Bedeutung.

§ 4 Schutzbestimmungen

(1) Gemäß § 24 Absatz 2 Satz 1 Niedersächsisches Naturschutzgesetz sind im Naturschutzgebiet alle Handlungen verboten, die dieses oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern.

(2) Das Naturschutzgebiet darf gemäß § 24 Absatz 2 Satz 2 Niedersächsisches Naturschutzgesetz außerhalb der Wege nicht betreten werden.

(3) Ferner sind gem. § 24 Abs. 2 Satz 2 NNatG im Naturschutzgebiet folgende Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelner seiner Bestandteile gefährden oder stören können:

a. Hunde frei laufen zu lassen,

b. Feuer anzuzünden,

c. zu zelten und zu campen,

d. überfliegen mit Drachen, Modellflugzeugen und Ultraleichtfliegern,

e. Kraftfahrzeuge zu fahren und abzustellen,

f. Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise zu stören.

§ 5 Freistellungen

Freigestellt von den Vorschriften des § 4 Absatz 1 und 2 dieser Verordnung sind:

1. Das Betreten des Schutzgebietes außerhalb der Wege, soweit dies für die rechtmäßige Nutzung als Nutzungsberechtigter oder Eigentümer oder für die Ausübung hoheitlicher Aufgaben erforderlich ist;

2. Die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung, insbesondere die Nutzungen im bisherigen Umfang, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung rechtmäßig ausgeübt wurden oder auf deren Ausübung ein öffentlich-rechtlicher Anspruch bestand;

2.1 jedoch ohne auf Grünlandflächen

a) das Bodenrelief zu verändern,

b) Grünland in Ackerland umzuwandeln oder ackerbaulich zwischen zu nutzen,

c) das Grünland zu erneuern, wobei die Grünlandpflege durch Scheiben- und Schlitzdrillsaatverfahren sowie die einfache Nachsaat als Übersaat zulässig bleiben,

d) Erdsilos oder Feldmieten anzulegen,

e) den Wasserstand abzusenken,

f) Pflanzenschutzmittel anzuwenden. Ausgenommen ist die Bekämpfung der Tipula-Larve vorbehaltlich der Genehmigung des Pflanzenschutzamtes und nach telefonischer Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde.

2.2 jedoch ohne in den Birken-Moorwaldflächen

a) eine Nutzung durchzuführen, die über eine einzelstammweise Nutzung hinausgeht,

b) Gehölze einzubringen,

c) den Wasserstand abzusenken,

d) den Gehölzbewuchs in der Zeit vom 01.03. bis zum 30.09. eines Jahres zu nutzen, ausgenommen ist die einzelstammweise Entnahme im Rahmen der Brauchtumspflege,

e) Wege anzulegen,

f) Waldkalkungen oder -düngungen vorzunehmen,

g) Pflanzenschutzmittel anzuwenden.

3. Die Pflege von Hecken, Feldgehölzen und außerhalb des Waldes stehenden Bäumen entsprechend dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz bzw. Maßnahmen zur Wahrnehmung von Verkehrssicherungspflichten und die einzelstammweise Nutzung;

4. Maßnahmen, zu deren Durchführung eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht. Zeitpunkt und Ausführungsweise von Unterhaltungsmaßnahmen sind vor ihrer Durchführung mit dem Landkreis Ammerland – Untere Naturschutzbehörde – abzustimmen.

5. Mit dem Landkreis Ammerland - Untere Naturschutzbehörde - abgestimmte Maßnahmen, die dem Schutz, der Pflege und Entwicklung des Schutzgebietes dienen;

6. Unaufschiebbare Maßnahmen zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Gefahr für Personen und Sachen, wobei die Untere Naturschutzbehörde unverzüglich zu unterrichten ist;

7. Das Aufstellen von Bienenstöcken auf einem mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmten Standort.

8. Maßnahmen zur Durchführung geowissenschaftlicher Untersuchungen zum Zweck der amtlichen geologischen Landesaufnahme;

Hinweis:

Die Jagdausübung (i. S. von § 1 Abs. 4 und 5 BJagdG) wird nicht berührt.

§ 6 Erlaubnisvorbehalte

(1) Innerhalb des Naturschutzgebietes bedürfen folgende Handlungen der vorherigen Erlaubnis der Naturschutzbehörde:

1. das Betreten des Naturschutzgebietes außerhalb der Wege zum Zwecke der Forschung und Lehre;

2. die Entnahme von wildwachsenden Sträuchern, Pflanzen und Pflanzenteilen der nicht besonders geschützten Arten für Zwecke der Forschung und Lehre;

(2 )Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die geplante Maßnahme geeignet ist, dem Schutzzweck dieser Verordnung zuwider zu laufen.

§ 7 Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

(1) Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte sind verpflichtet, folgende Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zu dulden:

1. Aufstellen von Schildern zur Kenntlichmachung des Schutzgebietes;

2. Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen auf den im Naturschutzgebiet liegenden Grundstücken, wenn die Nutzung der Grundstücke aufgegeben wurde und sich eine dem Schutzzweck zuwiderlaufende Entwicklung abzeichnet.

(2) Die untere Naturschutzbehörde lässt die Maßnahmen i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 nach rechtzeitiger Ankündigung in Abstimmung mit den Grundstückseigentümern durchführen.

Vorrangig können Eigentümer und Nutzungsberechtigte die erforderlichen Maßnahmen zur Landschaftspflege durchführen.

(3) Alle anderen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die nicht unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 fallen, erfolgen im Einvernehmen mit dem Grundstückseigentümer.

(4) Die Durchführung der Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen unterliegt nicht den Schutzbestimmungen des § 4.

§ 8 Befreiungen

Von den Schutzbestimmungen des § 4 kann der Landkreis Ammerland - Untere Naturschutzbehörde - nach Maßgabe des § 53 NNatG auf Antrag Befreiung gewähren.

§ 9 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt gemäß § 64 Ziffer 1 NNatG, wer, ohne dass eine Erlaubnis oder eine Befreiung erteilt wurde, vorsätzlich oder fahrlässig den Schutzbestimmungen des § 4 bzw. den Erlaubnisvorbehalten des § 6 dieser Verordnung zuwiderhandelt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 65 NNatG mit einer Geldbuße geahndet werden.

§ 10 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt für den Landkreis Ammerland in Kraft.

Die Bestimmungen des § 28 a des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes bleiben von dieser Naturschutzgebietsverordnung unberührt.

Westerstede, den 05.07.2006

Landkreis Ammerland

Jörg Bensberg
(Landrat)

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Verbindlich sind für alle Schutzgebiete die im Amts- bzw. Ministarialblatt veröffentlichten Verordnungen bzw. Karten.

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Artikel-Informationen

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76 A
D-30453 Hannover

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