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Vier Wisente im Eleonorenwald ausgewildert

Nachwuchs frühestens im Jahre 2008 / Bestand wird auf 25 Tiere begrenzt


Sie gehören zu den größten Landsäugetieren in Europa – die Wisente. Vier stattliche Exemplare – jedes einzelne Tier bringt zwischen 400 und 900 Kilogramm auf die Waage – leben jetzt im Eleonorenwald zwischen dem emsländischen Vrees und dem cloppenburgischen Neuvrees. Am 22. Dezember 2005 wurden drei Kühe und ein Bulle ausgewildert und können sich nun in einem 1000 Hektar großen Revier tummeln; zuvor waren die Tiere im Wisentgehege Springe untergebracht. Ab 2008 ist mit Nachwuchs bei den Wisenten zu rechnen. Um die Schäden in der Forstwirtschaft in Grenzen zu halten, soll die Herde nicht größer als 25 Tiere werden.

Dieses besondere Naturschutzprojekt wurde im Rahmen einer Kooperation zwischen der Forstverwaltung der Arenberg-Meppen GmbH und dem NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) realisiert. Das Projekt wird vom Niedersächsischen Umweltministerium finanziell gefördert und von der Universität Osnabrück wissenschaftlich begleitet. Auch die Gemeinde Vrees unterstützt das Projekt nachdrücklich.

Hermann Wreesmann von der NLWKN-Betriebsstelle Brake-Oldenburg machte am Donnerstag während einer Pressekonferenz deutlich, dass alle Partner und vor allem die Wisente selbst von diesem Projekt profitieren. Der insgesamt 3000 Hektar große Eleonorenwald gehört zur Arenberg-Meppen GmbH – die Gesellschaft bekommt für ihre freiwilligen Naturschutzleistungen eine faire Entlohnung. Die Niedersächsische Naturschutzverwaltung kann neue Wege zur Pflege von wertvollen Lebensräumen erproben. Die Uni Osnabrück bekommt die Möglichkeit, in einem riesigen Freilandlabor zu erforschen, wie die Wisente ihren eigenen und den Lebensraum anderer Organismen gestalten. Die umliegenden Gemeinden erhalten weitere Möglichkeiten, den Tourismus und die Umweltbildung zu fördern. Die größten Profiteure des Projektes sind jedoch zweifellos die Wisente selbst: Können sie doch die begrenzten Verhältnisse eines Zoos oder Freigeheges mit einem riesigen, über 1000 Hektar großen Lebensraum tauschen.

Wreesmann erinnerte daran, dass bis ins frühe Mittelalter neben dem Wisent viele weitere Pflanzenfresser die mitteleuropäische Landschaft bevölkerten. Wildpferd und Auerochsen wurden bereits im Mittelalter völlig ausgerottet. Wisente und Elche als die größten Pflanzenfresser wurden in Mitteleuropa so stark verfolgt, dass sie sich nur noch in den dünn besiedelten osteuropäischen Ländern in Restbeständen halten konnten. In Mitteleuropa haben sich nur der Rothirsch, der Damhirsch und das Rehe in die heutige Zeit retten können.

1788 wurde der letzte mitteleuropäische Wisent getötet. 1921 stand der Wisent mit weltweit nur noch 54 Tieren am Rande des Aussterbens. Gezielte Züchtungen in Zoos und Wildgehegen ließen den Bestand bis heute auf wieder über 3000 Tiere ansteigen.

Neben den reinen Schutzbemühungen um den Wisent dient das Projekt im Eleonorenwald darüber hinaus dem Biotop- und Artenschutz: Insbesondere die Tier- und Pflanzenarten der halboffenen Lebensräume wie Magerrasen oder Heiden werden von den Wisenten profitieren. Sie sind in den vergangenen Jahrzehnten durch die weitgehende Trennung von Wald und landwirtschaftlichen Nutzflächen in ihrem Bestand gefährdet. Der Naturschutz bemüht sich daher seit Jahren besonders um den Erhalt und die Entwicklung solcher Landschaften. Im Eleonorenwald werden die Wisente zukünftig dafür sorgen, dass solche halboffenen Landschaften nicht vollständig bewalden und ihren Artenreichtum behalten.

Die Wisente haben auch positive Wirkung auf die kleinen Stillgewässer innerhalb des Eleonorenwaldes. Durch ihre Aktivitäten wird ein Verlanden der Gewässer verhindert. Den verschiedenen Amphibien des Eleonorenwaldes wird dadurch der Lebensraum erhalten.

Privat-Forstdirektor Winfried Frölich und sein Team von der Arenberg-Meppen GmbH haben vor der Auswilderung schon ganze Arbeit geleistet: So musste der ca. 12,5 Kilometer lange Zaun um den Eleonorenwald mit einem Elektrozaun wisentsicher verstärkt werden. In einem Fang- und Sicherungsgatter können die Tiere gefangen und untersucht werden; auch eine Zufütterung für Notzeiten soll hier eingerichtet werden.

Bürgermeister Heribert Kleene aus Vrees freut sich darauf, mit dem flächenmäßig größten Wisent-Gehege dieser Art in Deutschland werben zu können. Er legte deshalb bei den Vorplanungen für die Auswilderung der Tiere großen Wert darauf, dass Einheimische und Besucher die Wisente auch beobachten können: Das Fang- und Sicherungsgatter im Süd-Westen des Geheges wurde so angelegt, dass die Tiere von außerhalb des Zaunes beobachten werden können. Wer die Wisente jedoch hautnah ohne trennenden Zaun erleben möchte, der kann zukünftig an einer Planwagenfahrt der Gemeinde oder der Arenberg-Meppen GmbH teilnehmen. Mit etwas Glück bekommt man die Wisente dann innerhalb ihres "natürlichen" Lebensraumes zwischen uralten Eichen zu Gesicht. Zunächst allerdings muss der Wald für den individuellen Besuchsverkehr gesperrt werden. "Wir wissen nicht, wie die Wisente auf Menschen reagieren, da gehen wir auf Nummer sicher", betonten Wreesmann und Frölich.

Immer im Blick haben die Studenten der Uni Osnabrück die vier Wisente: Über Halsbandsender werden sie unter der Leitung von Prof. Dr. Heinz Düttmann und Prof. Dr. Rüdiger Schröpfer die Tiere kontinuierlich überwachen. Von besonderem Interesse ist dabei, wie die Wisente in der Gemeinschaft mit Rehen und Hirschen ihren neuen Lebensraum nutzen und gestalten.

Kurzinfo über Wisente:
Der Wisent ist der letzte Vertreter der Wildrindarten des europäischen Kontinents. Er hat eine Kopfrumpflänge von 330 cm, eine Schulterhöhe von bis zu zwei Metern und ein Gewicht von bis zu einer Tonne. Wie beim amerikanischen Vetter ist das Fell dunkelbraun; Kälber und Jungtiere haben eine mehr rötliche Farbe. Der Kopf ist auffallend kurz, trägt einen ausgeprägten Kinnbart und endet in zwei kurzen Hörnern. Er wird gesenkt getragen und liegt deutlich unter dem Widerrist. Wisente sind Pflanzenfresser und Wiederkäuer, die im Wald leben. Sie ernähren sich bevorzugt von Laub, Schösslingen, Wurzeln, kleinen Ästen und Baumrinde. Wisente leben meist in Herden zu zehn bis zwölf Tieren. Wisentkühe sind mit drei Jahren geschlechtsreif und bekommen ihre Kälber nach neun Monaten. Bei der Geburt wiegen die Kälber etwa 40 kg. Wisentbullen sind erst mit acht Jahren ausgewachsen, bleiben fünf Jahre auf dem Höhepunkt ihrer Kräfte und altern dann recht schnell. Wisente können circa 25 Jahre alt werden.

Kurzinfo über Freigehege für Wisente:
Mit einer Größe von 1000 Hektar wird das Gehege im Eleonorenwald zukünftig das größte Gebiet dieser Art in Deutschland sein. Weitere bedeutend kleinere Freigehege für Wisente sind das Wisentgehege in Springe mit ca. 18 Hektar und der Wisentbestand im Damerower Werder an der Müritz auf einer Fläche von ca. 350 ha.

Kurzinfo über die Arenberg-Meppen GmbH:
Die Arenberg-Meppen GmbH ist 1928 aus dem früheren Besitz der Herzöge von Arenberg entstanden, die als Landesherren seit 1803 und später als Standesherren und Großgrundbesitzer aus einem kleinen Flächengrundstock durch Ankauf und Aufforstung große Waldgebiete im heutigen Landkreis Emsland und den Nachbarkreisen Cloppenburg und der Grafschaft Bentheim geschaffen haben. Weiterhin gehören landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie Erbbaugrundstücke zum Grundbesitz. Weitere Infos im Internet (www.arenberg-meppen.de).

Auswilderung Wisente

Vier Wisente leben jetzt im Eleonorenwald.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.12.2005
zuletzt aktualisiert am:
26.04.2010

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