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Verordnungstext zum Naturschutzgebiet "Bohlberg"

(NSG HA 198)


Verordnung der Bezirksregierung Hannover über das Naturschutzgebiet "Bohlberg" im Gemeindefreien Gebiet Grünenplan, Landkreis Holzminden, vom 31.05.2000

Aufgrund der §§ 24, 28 c), 29 und 30 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes in der Fassung vom 11.04.1994, zuletzt geändert durch das 11. Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes vom 11.02.1998 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt, S. 86 ff) wird verordnet:

§ 1 Naturschutzgebiet

(1) Das in den Absätzen 2 und 3 näher bezeichnete Gebiet wird zum Naturschutzgebiet "Bohlberg" erklärt.

(2) Das Naturschutzgebiet liegt etwa 4 km südwestlich der Ortschaft Delligsen. Es befindet sich in der Flur 4 der Gemarkung Grünenplan, Forst und in der Flur 1 der Gemarkung Wenzen, Forst im Gemeindefreien Gebiet Grünenplan, Landkreis Holzminden.

(3) Die genaue Abgrenzung des Naturschutzgebietes ergibt sich aus der Karte, die Bestandteil dieser Verordnung ist. Die Grenze ist dort durch eine Punktreihe dargestellt. Die Grenze verläuft auf der Linie, die die Punkte von außen berührt.

(4) Das Naturschutzgebiet ist ca. 110 ha groß.

§ 2 Schutzgegenstand und Schutzzweck

(1) Schutzgegenstand

Das Naturschutzgebiet liegt an der Ostseite des zur Hilsmulde geneigten Hils-Rückens.

Der überwiegende Teil des Naturschutzgebietes umfasst die Flammenmergelschichten der Unterkreide. Die Schichtenfolge ist in zwei Abschnitte geteilt. Jeder beginnt mit einer viele Meter mächtigen Tonsteinlage, wird nach oben zu mergelig-kalkig und schließt mit einem sehr harten kieseligen Mergelstein ab. Aufgrund der unterschiedlichen Härte der Gesteine hat sich eine ausgeprägte Schichtstrukturlandschaft herausgebildet, die beispielhaft für die gesamte Hilsmulde ist. Kleinflächig ist am West- und Südrand des Naturschutzgebietes - insbesondere auf den Kämmen und südgeneigten Steilhängen - der Hilssandstein vertreten, der von einheitlich harter Beschaffenheit ist. Daneben findet man kleinflächig Standorte, die mit Löß bzw. Lößlehm überlagert sind.

Dieses für das Gebiet charakteristische bewegte Relief bewirkt eine hohe Standortvielfalt von tiefen Kerbtälern über mäßig bis steil geneigten Sonn- und Schatthängen, Mulden, Rücken- und Plateaulagen bis hin zu schmalen Kämmen und Kuppen mit mäßig frischen bis sehr frischen, schwach bis ziemlich gut nährstoffversorgten Verwitterungsböden aus Flammenmergel, Hilssandstein und Löß.

Mit Ausnahme der sandigen Standorte auf Hilssandstein, wo natürlicherweise die seltene und im Hils nur kleinflächig vertretene Waldgesellschaft des Traubeneichen-Buchenwaldes auftritt, findet man natürlicherweise im gesamten Gebiet die verschiedenen Ausbildungen des Hainsimsen-Buchenwaldes. An den steilen Bergnasen und Kanten tritt als natürliche Waldgesellschaft der Hainsimsen-Buchenwald in einer armen Ausbildung mit Weißmoos auf.

Die Waldgesellschaft des Traubeneichen-Buchenwaldes ist nur noch in einem kleinflächigen naturnahen Reliktbestand im Westen des Gebietes zu finden. Dieses naturnahe Buchenaltholz mit Traubeneichen, Birken und Eberesche tritt an einem schattseitigen Steilabsturz des Flammenmergels auf. Die besondere Strukturvielfalt des Bestandes ergibt sich durch zutage tretendes Gestein mit typischer Moos- und Krautflora, stark beasteten und großkronigen Buchen mit Totästen, Höhlenbäumen, stehendem Totholz und einer gut ausgebildeten Strauchschicht.

Neben großflächig vertretenen naturnahen Buchenaltholzbeständen und Fichten-Buchenaltholzbeständen wird das Gebiet durch Fichten-, Lärchen- und Douglasien-Bestände geprägt. Diese naturfernen Nadelholzbestände führen zu einer Beeinträchtigung des Gebietes.

In diesem strukturreichen und vielfältigen Naturschutzgebiet finden zahlreiche, z. T. gefährdete Pflanzen- und Tierarten sowie deren Lebensgemeinschaften eine Lebensstätte. Mit seinen strukturreichen, vielfältigen und in Niedersachsen teilweise seltenen Ausbildungen bodensaurer Buchenwaldgesellschaften und dem hohen Anteil von naturnahen Buchenalthölzern zeichnet sich das Gebiet durch besondere Eigenart, Vielfalt und hervorragende Schönheit aus.

(2) Schutzzweck

Schutzzweck ist:

a) die Erhaltung, Pflege und Entwicklung naturnaher, ungleichaltriger Hainsimsen-Buchenwälder und Traubeneichen-Buchenwälder auf bodensauren Standorten einschließlich ihrer natürlichen Standortbedingungen, mit angemessener Beteiligung möglichst aller naturnahen Entwicklungsphasen in mosaikartiger Struktur durch nachhaltige Nutzung und mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Alt- und Totholz,

b) die Umwandlung der naturfernen Nadelholzbestände in die auf dem jeweiligen Standort natürlich vorkommende Buchenwaldgesellschaft bodensaurer Standorte,

c) die Erhaltung, Pflege und Entwicklung von Lebensstätten schutzbedürftiger und teilweise seltener Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensgemeinschaften naturnaher Buchenwälder bodensaurer Standorte,

d) die Erhaltung und Entwicklung der besonderen Eigenart, hervorragenden Schönheit und Vielfalt naturnaher Buchenwälder bodensaurer Standorte.

§ 3 Verbote

(1) Im Naturschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Das Naturschutzgebiet darf nur auf den Wegen betreten werden, soweit sie nicht gesperrt sind.

(3) Darüber hinaus sind folgende Handlungen, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile gefährden oder stören können, verboten:

a) Hunde frei laufen zu lassen,

b) wildlebende Tiere zu füttern,

c) wildlebende Tiere durch Lärm oder auf andere Weise auch von außerhalb des Naturschutzgebietes zu stören,

(4) Die ordnungsgemäße Jagdausübung bleibt von den Regelungen dieser Verordnung grundsätzlich unberührt, soweit sie sich auf das Recht zum Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen, Aneignen und Fangen von Wild und den Jagdschutz erstreckt. Verboten ist gemäß § 3 Abs. 1 jedoch

1. die Neuanlage von

- Wildäckern, Wildäsungsflächen und Wildfütterungsanlagen, Salzlecken, Kirrungen, Köder- und Futterplätzen, Kunstbauten,

- jagdwirtschaftlichen Einrichtungen wie Jagdhütten, Hochsitze und sonstigen nicht beweglichen Ansitzeinrichtungen;

2. der Betrieb von Wildfütterungsanlagen.

§ 4 Freistellungen

Von den Verboten des § 3 sind freigestellt und bedürfen keiner naturschutzrechtlichen Befreiung oder Erlaubnis:

(1) Allgemeine Freistellungen

a) das Betreten des Gebietes auch außerhalb der Wege für die Eigentümer und sonstigen Nutzungsberechtigten und deren Beauftragte, soweit dies zur rechtmäßigen Nutzung der Grundstücke und für die Betreuung des Gebietes erforderlich ist, sowie die Durchführung erforderlicher Maßnahmen für die wissenschaftliche Forschung und Lehre durch die zuständigen Dienststellen der Landesforst- und Naturschutzverwaltung und deren Beauftragte,

b) die Durchführung von notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht an den Außenrändern sowie an den nicht gesperrten Wegen,

(2) Forstwirtschaftliche Freistellungen

die ordnungsgemäße Forstwirtschaft nach den Grundsätzen der langfristigen ökologischen Waldentwicklung gem. dem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 05.05.1994 (VORIS 79100000060043-Az. 403/406F 64210-56.1) und weiteren aus dem Schutzzweck hergeleiteten Vorgaben:

a) die ausschließliche Förderung und Einbringung der standortgerechten Baum- und Straucharten der natürlichen Waldgesellschaften mit Rotbuche als vorherrschende Hauptbaumart. Angemessene Anteile von Neben- und Pionierbaumarten (z.B. Sandbirke, Eberesche, Traubeneiche) sind sicherzustellen,

b) die Entnahme standortfremder Baumarten spätestens bei Erreichen wirtschaftlich angestrebter Zieldurchmesser sowie standortfremder Straucharten; Vermeidung konkurrenzstarker Naturverjüngung der nicht standortgerechten Baum- und Straucharten,

c) die Bewirtschaftung als ungleichaltriger, vielfältig mosaikartig strukturierter Wald mit kontinuierlichem Altholzanteil bei grundsätzlich einzelstamm- bis horstweiser Holzentnahme sowie langen Nutzungs- und Verjüngungszeiträumen,

d) die Bewirtschaftung ohne ganzflächige Bepflanzung zufällig entstehender Blößen, Lichtungen und Lücken in der Naturverjüngung,

e) die Durchführung der Pflege- und Holzerntemaßnahmen unter Rücksichtnahme auf schutzbedürftige Tier- und Pflanzenarten. Sie beginnen in naturnahen Altholzbeständen mit typisch ausgeprägter Bodenvegetation frühestens am 01. Oktober, sie enden vor Beginn des Neuaustriebes der Bodenvegetation, spätestens jedoch am 31. März; in den übrigen Beständen sowie beim Auftreten von Schadereignissen können sie ganzjährig durchgeführt werden.

f) das Belassen von durchschnittlich 10 stehenden Altbäumen (Kraftsche Baumklassen 1-3) einschließlich stehendem starken Totholz und Höhlenbäumen pro 1 ha aller standortgerechten Baumarten bezogen auf die Fläche der Altholzbestände vorzugsweise in Gruppen, sonst einzeln bis zu ihrem natürlichen Zerfall im Bestand,

g) die Bewirtschaftung ohne Entnahme von Horst- und Stammhöhlenbäumen, stehendem starken Totholz einschließlich abgebrochener und entwerteter Baumstümpfe und liegendem Bruch- und Totholz sowie Stubben und Reisig. Windwurfteller sind soweit möglich zu belassen und nicht zurückzuklappen. Eine Entnahme von Totholz kann aus Forstschutzgründen im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde im Einzelfall zugelassen werden,

h) angemessenes Zulassen von natürlichen Differenzierungsphasen in Jungbeständen,

i) die Bewirtschaftung ohne Einsatz von Pflanzenschutz-, Kalkungs- und Düngemitteln; der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kann aus Forstschutzgründen im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde im Einzelfall zugelassen werden,

j) die ordnungsgemäße, zweckentsprechende Unterhaltung der Wege im bisherigen Umfang unter Rücksichtnahme auf schutzbedürftige Tier- und Pflanzenarten möglichst unter Verwendung von natürlichem, den jeweiligen geologischen Verhältnissen entsprechendem Material.

(3) In den Fällen von Abs. 2 Buchstabe g) und i) kann die obere Naturschutzbehörde Regelungen zu Zeitpunkt, Ort und Ausführungsweise treffen, die geeignet sind, Beeinträchtigungen oder Gefährdungen des Naturschutzgebietes, einzelner seiner Bestandteile oder seines Schutzzweckes entgegenzuwirken.

§ 5 Erlaubnisvorbehalt

(1) Die obere Naturschutzbehörde erteilt auf Antrag eine Erlaubnis zur Durchführung folgender Maßnahmen, sofern dadurch der Schutzzweck nicht beeinträchtigt wird:

- dem Schutzzweck dienende Untersuchungen,

- das Betreten des Gebietes für die wissenschaftliche Forschung und Lehre einschließlich der hierfür erforderlichen Maßnahmen.

(2) Die Erlaubnis kann gem. § 36 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz mit Nebenbestimmungen versehen werden, die geeignet sind, Beeinträchtigungen oder Gefährdungen des Naturschutzgebietes, einzelner seiner Bestandteile oder seines Schutzzweckes entgegenzuwirken.

§ 6 Befreiungen

Von den Verboten dieser Verordnung kann die obere Naturschutzbehörde auf Antrag Befreiung nach den Vorschriften des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes gewähren.

§ 7 Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen

Auf den Flächen der Landesforstverwaltung werden die Naturschutzmaßnahmen im Rahmen der Forsteinrichtung in einem Pflege- und Entwicklungsplan dargestellt und einvernehmlich mit der oberen Naturschutzbehörde im forstlichen Betriebsplan festgelegt. Der Pflege- und Entwicklungsplan trifft insbesondere Aussagen zur Umsetzung des Alt- und Totholzkonzeptes (§4 Abs. 2 Buchst. f und g), zur Bewirtschaftung/Umwandlung der standortfremden Bestände (§4 Abs. 2 Buchst. b) sowie zur natürlichen Differenzierung in Jungbeständen (§4 Abs. 2 Buchst. h). Die Vereinbarung für die Maßnahmen der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft und die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen soll zusätzlich durch die Festlegung entsprechender Leitbildbestände umgesetzt werden. Die Festlegung der Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für den jeweiligen Einrichtungszeitraum beinhaltet auch die Prüfung durchgeführter Maßnahmen.

§ 8 Verstöße

(1) Wer den in § 3 aufgeführten Verboten zuwiderhandelt oder ohne das Einvernehmen gemäß § 4 Abs. 2 Buchstabe g) und i) handelt, begeht gemäß § 64 Nr. 1 oder Nr. 4 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes eine Ordnungswidrigkeit oder gemäß § 329 Absatz 3 oder § 330 Strafgesetzbuch eine strafbare Handlung.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann gemäß § 65 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 50.000,-- DM, bei Verstößen gegen § 3 Absatz 1 und 2 mit einer Geldbuße bis zu 100.000,-- DM geahndet werden.

§ 9 In-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hannover in Kraft.

Hannover, den 31.05.2000

Bezirksregierung Hannover

503-22221 HA 198

Im Auftrage

Dr. Keuffel

Abteilungsdirektor

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Verbindlich sind für alle Schutzgebiete die im Amtsblatt veröffentlichten Verordnungen bzw. Karten.

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Artikel-Informationen

Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
Göttinger Chaussee 76 A
D-30453 Hannover

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